Wien – Die Hilfsorganisationen Caritas, Hilfswerk und Volkshilfe haben am Dienstag eine Selbstverpflichtung auf Qualitätsstandards bei der 24-Stunden-Betreuung Pflegebedürftiger vorgestellt. Damit soll "beste Qualität, Transparenz, Sicherheit und Fairness" garantiert werden, hieß es auf einer Pressekonferenz. Kritik an diesem "Vorpreschen" kam von der Standesvertretung in der Wirtschaftskammer.

27.000 werden rund um die Uhr betreut

Hilfswerk-Geschäftsführer Walter Marschitz verwies bei der Vorstellung der Qualitätsstandards auf das steigende Interesse an der 24-Stunden-Betreuung: Laut den Schätzungen der Organisationen werden derzeit rund 27.000 Personen derzeit zu Hause "rund um die Uhr" betreut. Dies seien sechs Prozent aller pflegebedürftigen Personen in Österreich. In Pflegeheimen werden circa 65.000 Personen versorgt. Mit den nun vorgestellten Standards unter dem Motto "Sicher. Kompetent. Fair" soll Sicherheit für die Betroffenen garantiert werden – und zwar sowohl für die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen, aber auch für die Personenbetreuer, sagte Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger. Das gemeinsame "zentrale Anliegen" sei die "qualitätsorientierte Vermittlung von 24-Stunden-Betreuung".

Überprüfung der Ausbildung

Transparente Information soll etwa über persönliche Beratung vor Ort, Informationsmaterial sowohl für Kunden als auch Personenbetreuer und Erreichbarkeit via Telefon und E-Mail garantiert werden, führte Fenninger aus. Bei der Aufnahme neuer Klienten sollen die Standards u.a. garantieren, dass bei einem Erstgespräch auch Fachpersonal zur Verfügung gestellt wird, um die geeignete Betreuungsform festzulegen. Gemeinsame Qualitätsstandards definierten die drei Organisationen auch bei der Auswahl der Personenbetreuer: So würden etwa die formellen Voraussetzungen, die Sprachkenntnisse und die Ausbildung überprüft.

Betreuungsvisiten vor Ort

Zu Beginn des Betreuungsverhältnisses garantiert das neue Siegel die Beiziehung einer Fachkraft, außerdem werden regelmäßige "Betreuungsvisiten" vor Ort durch qualifiziertes Fachpersonal gewährleistet.

Valorisierung gefordert

Caritas-Generalsekretär Bernd Wachter stellte auch Forderungen an die Politik: Oftmals könnten Betroffene bzw. deren Angehörigen die notwendigen Mittel für die 24-Stunden-Betreuung nicht aufbringen. Daher wünschen sich die Hilfsorganisationen eine Valorisierung der Förderung für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung, die derzeit 550 Euro pro Monat beträgt. Wachter verwies darauf, dass diese Leistung seit deren Einführung im Jahr 2008 nicht angepasst wurde – gemessen am Verbraucherpreisindex bedeute dies einen Wertverlust von 13 Prozent. Auch eine Förderung von Hausbesuchen durch Fachkräfte steht auf der Wunschliste Wachters.

Wirtschaftskammer empört

Scharfe Kritik an der Präsentation der Qualitätsstandards kam von der Fachgruppe Personenberatung in der Wiener Wirtschaftskammer: Fachgruppenobmann-Stellvertreter Mario Tasotti kritisierte gegenüber der APA das "Vorpreschen" der drei Träger-Organisationen. Er verwies darauf, dass in der Fachgruppe die Erarbeitung eines gemeinsamen Siegels für "besonders qualitätsvolle Agenturen" vereinbart sei – und zwar erst nach Vorliegen der Verordnung für die neuen Standesregeln (deren Erlass für die kommenden Tagen erwartet wird).

Neue Vorschriften

Diese neue Verordnung des Wirtschaftsministeriums wurde notwendig, weil seit Sommer die Gewerbe von Personenbetreuern und jene der vermittelnden Agenturen getrennt sind – und es für die Agenturen nun neue Vorschriften braucht. Diese Regeln wurden laut Tasotti gemeinschaftlich erarbeitet, auch Caritas, Hilfswerk und Volkshilfe hätten sich in diesen Verhandlungen eingebracht.

Gegen Alleingang

Umso mehr zeigte sich Tasotti nun über den "Alleingang der Trägerorganisationen" verärgert. Er betonte, dass sich deren jetzt vorgestellte Qualitätsstandards zum Großteil mit jenen Regeln decken würden, die via Verordnung festgelegt werden sollen. Offensichtlich wollten Caritas, Hilfswerk und Volkshilfe damit den Eindruck erwecken, dass sie die einzigen Initiatoren von Qualitätsstandards seien, sagte er. "Da wehre ich mich dagegen, weil es gibt sehr viele, die sich bei den Qualitätsstandards sehr engagiert haben" – auch kleine Agenturen, die teils individuellere Betreuung als große Organisationen bieten könnten. (APA, 17. 11. 2015)