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Ein verfrühter Uniausstieg kostet Geld: die Abbrechern und den Staat.

Foto: REUTERS / KAI PFAFFENBACH

Wien – Insgesamt 766.362 Studierende haben sich laut einer Studie des Ökonomen Friedrich Schneider von der Johannes-Kepler-Universität Linz zwischen 2001 und 2015 an den 21 österreichischen Universitäten inskribiert. Etwa halb so viele – fast 400.000 Studierende – haben in diesem Zeitraum nach Schneiders Erhebung, die er kürzlich veröffentlichte, das Studium abgebrochen. Zum Vergleich: An den deutschen Unis hat laut einem Bericht des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung jeder Dritte des Absolventenjahrgangs von 2012 sein Studium abgebrochen.

Schneider führte die Erhebung für das Institut Wirtschaftsstandort Oberösterreich (IWS) durch. Sie zeigt auf, dass durch die Drop-outs in den vergangenen 13 Jahren dem österreichischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2,6 Milliarden Euro entgangen sind – etwa 199 Millionen pro Jahr.

Wirtschaft fehlen Qualifizierte

"Wer sein Studium abbricht, bekommt maximal das Gehalt eines Maturanten", sagt Schneider: "Ein Akademiker hat nach dem Einstiegsjob zudem mehr Aufstiegsmöglichkeiten und kann so später mehr Geld verdienen." Durch das geringere Einkommen der Einzelnen sinke das BIP. Hinzu komme, dass durch Studienabbrecher der Wirtschaft qualifizierte Arbeitskräfte fehlen würden. Darum hätten Unternehmen in den vergangenen 13 Jahren auf 20.800 Akademiker verzichten müssen – also auf 1.600 Absolventen pro Jahr.

Dass dem Staat diese Millionen verlorengehen, bezweifelt Martin Unger vom Institut für Höhere Studien. Für die Universitätenkonferenz führte auch er eine Drop-out-Studie durch. Fazit: Man kann Drop-outs nicht über einen Kamm scheren. Statistisch würden in Österreich die unterschiedlichsten Studierenden als Abbrecher zählen. "Wenn ein Studierender zum Beispiel vier Studien inskribiert und eines abschließt, zählt er einmal als Absolvent und dreimal als Abbrecher", sagt Unger.

Zehn Prozent der Drop-outs seien eigentlich "Stop-outs" und kehren wieder an die Uni zurück. 16 Prozent wechseln die Uni, neun Prozent haben schon einen gleichwertigen Abschluss, und weitere sechs Prozent nehmen eine andere Ausbildung außerhalb der Unis auf – und gehen etwa an eine pädagogische oder Fachhochschule.

Gehaltseinbußen

Aber nicht nur den Staat und die Wirtschaft soll das frühzeitige Verlassen der Uni Geld kosten. Wer das Studium abbricht, muss mit Gehaltseinbußen rechnen. "Zu Beginn muss man mit einem Verlust von 800 Euro rechnen, im Karriereverlauf kann das deutlich anwachsen", sagt Schneider. Arbeitnehmer, die nur eine Matura vorweisen können, haben im Durchschnitt einen Jahresverdienst von 20.700 Euro. Im Vergleich zum 25.600-Euro-Jahresgehalt von Akademikern, verdienen sie um rund 5.000 Euro weniger.

Mit einer Abschlussquote von 81 Prozent liegt die Medizinuniversität Wien auf dem ersten Platz. Danach kommt das Mozarteum Salzburg, wo 72 Prozent die Uni mit Abschluss verlassen. "Die Medizinuni hat Eingangsprüfungen, das steigert die Abschlussquote", sagt Schneider. Durch die Tests zu Studienbeginn seien Studierende "gefestigter" in ihrer Studienwahl. Er spricht sich daher für mehr Eingangstests aus. Zudem könnte ein besseres Studienmonitoring dabei helfen, Studierende an der Uni zu behalten. "Wenn prüfungsinaktive Studierende etwa nach zwei Semestern vom Institut eine Beratung angeboten bekämen, könnte man ihnen bei einem Studienumstieg helfen", sagt Schneider.

Höchster Drop-out in Linz

An der Uni Linz ist die höchste Drop-out-Quote: Nur 35,8 Prozent schließen hier ihr Studium ab. Allerdings sei es schwierig, die Zahlen zu vergleichen, meint Unger. Denn an der Uni Linz gibt es viele Studien und damit die Mög lichkeit zu Mehrfachinskription und Studienwechsel. An der Medizinuni Wien werden lediglich zwei verschiedene Studien angeboten. Auch würden die rund 6.000 Studierenden der Rechtswissenschaften an der Uni Linz das Bild verzerren. Das Fernstudium würde eine andere Population anziehen. Studierende, die bereits im Berufsleben stehen zum Beispiel. Diese würden die Abbruchsquote erhöhen.

Den Grund für die niedrige Abbruchrate der Medizinuni sieht die Österreichische Hochschülerschaft nicht in Zugangsbeschränkungen, sondern im Wissen über das Studium: "Das Berufsbild ist klarer als bei geisteswissenschaftlichen Studien", sagt Magdalena Goldinger (Fraktion Engagierter Studierender) vom Vorsitzteam. Dazu käme ein besseres Betreuungsverhältnis. Durch verstärkte Orientierungsphasen sollen Interessierte aufgeteilt werden. (Oona Kroisleitner, 20.11.2015)