Bento Rodrigues – Als die beiden Dämme brachen, die den roten Eisenerzschlamm der Mine zurückhielten, blieb es ruhig. Keine Sirenen informierten die Bewohner des nahegelegenen Dorfes Bento Rodrigues im Südosten Brasiliens. Die Menschen wurden von den Schlammmassen überrascht, weniger als eine halbe Stunde blieb den Dorfbewohnern nach einer ersten Warnung, um sich in Sicherheit zu bringen – viele versuchten höher gelegenes Gelände zu erreichen, doch die Gewalt des Matsches war nicht aufzuhalten.
Die traurige Bilanz des Unglücks Anfang November: elf Tote und mindestens zwölf Menschen, die vermisst werden – es wird vermutet, dass auch sie gestorben sind. Das Dorf Bento Rodrigues wurde komplett zerstört, mehr als 500 Menschen verloren ihr Zuhause. Insgesamt 15 Millionen Menschen sind von der schlimmsten Naturkatastrophe in der Geschichte des südamerikanischen Landes betroffen. Kurz nach dem Unglück hatte der Vorsitzende des Minenbetreibers Samarco, Ricardo Vescovi, zur Nachrichtenagentur AFP gesagt, dass es seines Wissens laut brasilianischem Gesetz nicht verpflichtend sei, ein Warnsystem für den Fall eines Dammbruchs zu installieren.
Nun hat Samarco einer Zahlung von mindestens einer Milliarde Real zugestimmt – was einer Summe von etwa 246 Millionen Euro entspricht. Das gab die Staatsanwaltschaft am Dienstag bekannt. Von diesem Geld sollen Kompensationszahlungen getätigt und die aufwendigen Aufräumarbeiten bezahlt werden. Dass die Summe nicht die kompletten Kosten decken wird, stellen die Behörden aber klar. "Das ist nur eine erste Rate", so Staatsanwalt Carlos Eduardo Ferreira Pinto zur Zeitung "O Estado de Minas".
Umweltauswirkungen
Die Dammbrüche haben bis dato noch nicht abschätzbare Auswirkungen auf die zahlreichen betroffenen Dörfer, die Umwelt und die Wasserversorgung entlang der mehre hundert Kilometer langen Flusslandschaft. Die brasilianische Wasserbehörde warnte im britischen "Guardian", dass Spuren von Arsen, Zink, Kupfer und Quecksilber im Rio Doce es unmöglich machen, das Wasser für Trinkwasser aufzubereiten.
Der "Sydney Herald" zitiert Umweltschützer, die davon ausgehen, dass es 100 Jahre dauern könnte, bis die Umweltschäden beseitigt sind. Auch der Tourismus der Region ist von den Schlammmassen betroffen. Das Gebiet beheimatet die Unesco-Weltkulturstadt Ouro Preto. Brasiliens Präsidentin, Dilma Rousseff, hat bei einem Lokalaugenschein die Auswirkungen des Desasters mit der Katastrophe der Deepwater Horizon im Golf von Mexiko verglichen.
Bericht in den nächsten 30 Tagen
Bei dem Minenbetreiber Samarco handelt es sich um ein Joint Venture zwischen der australischen Gruppe BHP Billiton und dem brasilianischen Unternehmen Vale. Zusammen betreiben sie drei Dämme in der vom Unglück betroffenen Region.
Medienberichte gehen davon aus, dass ein detaillierter Bericht zu den Ursachen in den kommenden 30 Tagen vorgelegt wird. Auch der Schlamm soll auf giftige Eisenerz-Inhaltsstoffe gestestet werden. Laut ersten Reaktionen der beiden Minenbetreiber kurz nach dem Unglück habe der Schlamm keine giftigen Stoffe beinhaltet.
Vorwürfe des brasilianischen Staatsanwaltes, denen zufolge Samarco von dem Risiko eines Dammbruchs gewusst habe, wies BHP Billiton laut dem "Sydney Herald" zurück. In dem vom Staatsanwalt angesprochenen Bericht aus dem Jahr 2013 sei von Risiken im Zusammenhang mit den Abfallerz-Rohren gesprochen worden. Diese seien nicht gebrochen. (bbl, 18.11.2015)