Wien – Franshua K. hat eine eindeutige Erklärung, warum er Andreas S. am 12. Juni in Wien mit einem Küchenmesser die Kehle durchtrennt hat. "Ich wollte einfach, dass er weggeht von mir und aufhört", erklärt er Christoph Bauer, der den Geschworenenprozess wegen Mordes leitet.

Das homosexuelle Opfer habe ihn im Laufe einer alkoholgeschwängerten Nacht körperlich bedrängt, er habe Angst gehabt, vergewaltigt zu werden, versucht der 26-jährige Angeklagte eine Notwehrsituation zu erklären.

Der fünffach Vorbestrafte hat gemeinsam mit seinen Verteidigern Erich Gemeiner und Iris Augendoppler nur ein paar kleine Probleme bei dieser Strategie. Nämlich die Dinge, die er nach der Tat gemacht hat. K. beteuert, in Panik gewesen zu sein, war aber dennoch überlegt genug, damit zu beginnen, den Tatort – das Ein-Zimmer-Appartement des Toten in einem Wohnheim – zu reinigen. Er fand auch ein Versteck für die Leiche: Der 62-Kilo-Mann hievte den 89 Kilo schweren Toten in dessen Bettzeuglade.

Fernseher gestohlen

Anschließend steckte er einen Schlüssel des 43-Jährigen ein und ging. Nicht für immer: Am nächsten Tag putzte der Arbeits- und Obdachlose weiter und stahl den Fernseher, den er um 30 Euro verkaufte.

Damit nicht genug: Am Abend lernte er zufällig ein Pärchen kennen und nahm sie mit in das Wohnheim, in dem auch seine Mutter lebt. "Ich wollte mich nur noch niedersaufen. Und sterben", sagt er dazu. Für Ersteres ging er nochmals zum Tatort: Das Opfer hatte am Vorabend nämlich drei Doppler Rotwein gekauft, einer davon war noch übrig.

Vorsitzender Bauer stellt, wie es seine Art ist, mit ernster Miene ziemlich böse Fragen. "Haben Sie ein Problem mit Gewalt?", beispielsweise. Die Antwort: "Nein." – "Kann es sein, dass Sie in dem Heim Hausverbot haben, weil Sie einmal Ihre Mutter gewürgt haben?" – "Ja", muss der Angeklagte zugeben. Dass er einige Tage vor der Tat das Opfer körperlich attackiert hat, wie ein Zeuge sagt, bestreitet er aber.

Verworrene Schilderung

Gerichtsmediziner Daniele Risser lässt sich vom Angeklagten die Messerattacke demonstrieren. Die Schilderung ist nämlich etwas verworren: Das Opfer habe ihn von hinten umklammert gehabt, sagt K., er habe sich mit einer Hand an einem Kasten festgehalten und mit der anderen blind nach einer Waffe getastet.

Er fand das Messer und schaffte es irgendwie, sich umzudrehen, bis er zustechen konnte. Bei der Demonstration ist das ein Nahkampf, für Risser steht allerdings fest, dass der Stich in den Hals aus 40 bis 50 Zentimeter Entfernung erfolgt sein muss.

Den Geschworenen schildert der Mediziner recht anschaulich, was passiert, wenn jemandem mit einer zwölf Zentimeter langen Wunde die Halsschlagader durchtrennt wird. "Das spritzt nicht, wie man es in schlechten Hollywood-Filmen sieht, sondern strömt als Schwall hervor und hat ein Blutbad hervorgerufen."

Hohe Rückfallgefahr

Der psychiatrische Sachverständige Siegfried Schranz attestiert dem Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung, zurechnungsfähig sei er allerdings gewesen. Und er kann offenbar sehr klar in die Zukunft sehen. Werde K. nicht entsprechend behandelt, betrage die Rückfallgefahr innerhalb von sieben Jahren 76 Prozent, innerhalb von zehn Jahren werde er mit 82-prozentiger Wahrscheinlichkeit wieder eine Tat begehen. Schranz empfiehlt daher eine Einweisung.

Die Geschworenen befanden ihn schließlich einstimmig des Mordes für schuldig, er ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er wird in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 17.11.2015)