Klein, aber mit einer unangenehmen Neigung zu Gewaltausbrüchen ausgestattet: der Rote Zwerg Kepler-438 mit seinem erdgroßen Planeten.

Illustrationen: Mark A Garlick/University of Warwick

Warwick – Und ewig wogt die Diskussion über die Zahl potenziell lebensfreundlicher Exoplaneten hin und her. Auf der einen Seite stellen Astronomen Hypothesen auf, wie ein Planet selbst dann erdähnliche Verhältnisse aufweisen könnte, wenn die Rahmenbedingungen völlig andere als in unserem Sonnensystem sind – wenn er beispielsweise um einen Roten Zwerg statt um einen sonnenähnlichen Stern kreist. Dem wirken wiederum andere Astronomen entgegen, indem sie darlegen, wie viele Faktoren es gibt, die jede Lebensfreundlichkeit unterbinden würden.

Mögliche Verwandte der Erde

So auch eine aktuelle Studie der britischen Universität Warwick, die sich des Planeten Kepler-438b angenommen hat. Dieser Planet hat 1,12 Erdradien und kommt unserer Heimatwelt damit äußerst nahe. Er kreist um den 470 Lichtjahre entfernten Stern Kepler-438. Dabei handelt es sich zwar um einen kühlen Roten Zwerg. Allerdings ist die Bahn des Planeten so eng, dass er in der habitablen Zone liegt.

Vorausgesetzt, dass es sich um einen Gesteinsplaneten handelt, was sich nicht feststellen lässt, könnte es auf Kepler-438b flüssiges Wasser und damit günstige Bedingungen für die Entstehung von Leben geben. Die Durchschnittstemperatur auf der Oberfläche des Planeten wird auf drei Grad Celsisus geschätzt.

Das klingt doch eigentlich recht vielversprechend. Nun funken jedoch die Warwicker Astronomen um David Armstrong dazwischen. Sie weisen in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" darauf hin, dass sich der Stern, so klein und kühl er insgesamt auch ist, leider wesentlich weniger milde verhält als die Sonne. Auf Kepler-438 kommt es annähernd regelmäßig alle paar hundert Tage zu heftigen Ausbrüchen. Solche "Superflares" können bis zu zehnmal stärker sein als alles, was bislang auf der Sonne beobachtet wurde.

Zu nah am Feuer

Und der Planet Kepler-438b, der seinen Stern auf einer so engen Bahn umkreist, dass er für einen Durchgang nur gut 35 Tage benötigt, würde die Begleiterscheinungen solcher Ausbrüche unmittelbar zu spüren bekommen. Mit Superflares, die für sich genommen noch kein Problem sein müssen, gehen den Forschern zufolge nämlich koronale Massenauswürfe einher: Plasma, das hauptsächlich aus Elektronen und Protonen, aber auch aus den Kernen schwererer Elemente besteht, wird in großen Mengen und hohem Tempo ins All geschleudert.

Sollte Kepler-438b tatsächlich erdähnlich sein und sogar eine dichte Atmosphäre entwickelt haben, würde diese von den Teilchenströmen im Lauf der Zeit unweigerlich weggerissen. Als einziger Hoffnungsschimmer bleibt die Möglichkeit, dass der Planet über ein starkes Magnetfeld als Schild verfügt, welches die Auswirkungen der Sternaktivität abmildern würde. Ohne einen solchen Schild dürfte Leben auf Kepler-438b nicht nur ungemütlich, sondern sogar unmöglich sein. (jdo, 21. 11. 2015)