An der Schwarzen Sulm darf gebaut werden. Womöglich schon im kommenden Jahr.

Foto: Bernhard Pekari

Graz – Beim steirischen Wasserkraftwerk an der Schwarzen Sulm hat das Oberlandesgericht Graz eine Entscheidung im Streit zwischen Bauherr Peter Masser und Sabine Jungwirth (Grünen) gefällt: Die Abgeordnete bekam mehrheitlich Recht und darf von einem "Umweltverbrechen" sprechen, muss aber Behinderungen unterlassen. Masser verzichtete auf dritte Instanz: "Es ist mir zuwider, weiter mit ihr zu streiten."

Masser hatte Jungwirth über den Zivilrechtsweg geklagt, weil sie 2013 unter anderem ihr Auto bei einem Weg abgestellt hatte und dadurch die Zufahrt zur Baustelle blockiert haben soll. Außerdem habe sie zum "Widerstand" – auch in Form von Camps – gegen den Kraftwerksbau aufgerufen und von "Umweltverbrechen" und "Desaster im Naturschutz" gesprochen. Die erste Instanz entschied, dass Jungwirth diese Aussagen und Handlungen zu unterlassen habe.

Gericht: Störungshandlungen sind zu unterlassen

Doch die Abgeordnete wandte sich an das Oberlandesgericht Graz und dieses entschied sich nun in den meisten Punkten für die Argumentation Jungwirths. Bestätigt hat das Gericht aber, dass Störungshandlungen am Eigentum von Masser zu unterlassen seien und sie für etwaige Schäden haften muss. Der Klagepunkt bezog sich auf das von der Politikerin abgestellte Auto, doch ihr zufolge sei sie damals auf dem Grundstück einer Anrainerin gestanden und das mit deren Erlaubnis. Daher will sie diesen letzten Punkt auch noch beeinspruchen, kündigte sie an.

Ansonsten zeigte sie sich zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens: "Sie wollten mich über die Klage mundtot machen, aber wir hätten ein Problem mit der Demokratie, wenn man seine Meinung nicht mehr äußern kann", so Jungwirth. Masser bezahlte bereits knapp 18.000 Euro an Verfahrenskosten an die Grünen und zeigte sich überzeugt, dass er in nächster Instanz sicher recht bekommen hätte. Aber er habe schon erreicht, was er wollte: "Sie darf den Bau nicht mehr stören und ich habe sie politisch in der Region isoliert." Es sei "schade um jede weitere Silbe", die in der Sache niedergeschrieben werden müsse, so der Bauherr.

Betrieb 2016/2017 möglich

Wichtig sei ihm, dass bald weitergebaut werden kann. Die Signale des Europäischen Gerichtshofs in der Causa seien positiv. Masser plane, im kommenden Jahr den Bau so gut wie abzuschließen. Der Betrieb könnte möglicherweise schon mit Jahreswechsel 2016/2017 anlaufen. Dann seien es vier Jahre Verzögerung, in denen Jungwirth ein "Heer von Beamten" auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene beschäftigt hätte, welches Konstruktiveres hätte tun können, meinte Masser. Er bedauerte, dass statt Wasserkraft in der Zwischenzeit Erdöl und Erdgas als Energiequellen genutzt werden mussten. Die Grünen-Abgeordnete ließ das Argument aber nicht zu: "Das ist hypothetisch, weil wir haben ja noch andere alternative Energiequellen. Außerdem ist die Leistung des Mini-Kraftwerks lächerlich."

Seit 2007 will Masser an der Schwarzen Sulm ein kleines Wasserkraftwerk errichten. Im Zuge der Verfahren hatten Beamte die Wasserqualität des Flusses von "Sehr gut" auf "gut" herabgestuft. Erst dadurch wurde der Bau möglich. Gegen diese Vorgehensweise wehrten sich aber die Kraftwerksgegner. Mittlerweile beschäftigt der Fall den Europäischen Gerichtshof: Nach Ansicht der Kommission hat Österreich die EU-Wasserrahmenrichtlinie bei der Baubewilligung des Kraftwerks nicht ordnungsgemäß angewandt. Die EU-Kommission stützt sich auf die Vorwirkung des Verschlechterungsverbots der Wasserrahmenrichtlinie und vertritt die Auffassung, das Vorhaben an dem bisher weitgehend unberührten Oberlauf der Schwarzen Sulm sei nicht gerechtfertigt.

Trinkwasser nur "gut"

Die EuGH-Generalanwältin kam bereits in ihrem Gutachten zu dem Schluss, dass die österreichischen Behörden während des Vorverfahrens die ursprüngliche Bewertung des Zustands der Schwarzen Sulm korrigiert hätten. Die Behörden der Steiermark hätten nämlich in einer Entscheidung vom 4. September 2013 festgestellt, dass der Zustand der Schwarzen Sulm nicht "sehr gut", sondern wegen der Entnahme von Trinkwasser oberhalb des Kraftwerk-Vorhabens nur "gut" sei.

Die tatsächliche Richtigkeit dieser Korrektur habe die EU-Kommission in dem Verfahren nicht in Zweifel gezogen. Daher entfalle auch die von der EU-Kommission beanstandete Verschlechterung von "sehr gut" auf "gut" und bedürfe folglich auch keiner Rechtfertigung. Die Meinung des EuGH-Generalanwalts ist für den Europäischen Gerichtshof nicht bindend. Die Luxemburger Richter folgen ihr jedoch üblicherweise in etwa vier von fünf Fällen. (APA, 19.11.2015)