Der "lifestylige" Einstieg in diese Geschichte wäre die Wuchtel von jenem ehemaligen Wiener Umweltstadtrat, der zur Präsentation einer Kläranlage die Kollegen von der Presse einlud, die Fotografen Aufstellung nehmen ließ und forschen Schrittes mit einem Glas Wasser zum Abfluss aus dem letzten Klärbecken schritt. Dort füllte er das Glas mit Wasser – und leerte es mannhaft in einem Zug: Die Presse war begeistert. Und der Stadtrat – so die Legende – danach drei Tage nicht mehr gesehen. Gott, was haben wir gelacht.

Bloß: Sauberes Trinkwasser ist alles andere als ein Witz-Thema. Laut WHO und UNO haben fast eine Milliarde Menschen – etwa 40 Prozent davon in Afrika – keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 43 Prozent der Weltbevölkerung haben demnach keine Leitungen mit Trinkwasser in ihrer Nähe. Jährlich gibt es nur aus diesem Grund über vier Milliarden Fälle von Durchfallerkrankungen. Allein diese Erkrankungen fordern nahezu zwei Millionen Tote. Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen.

Foto: Thomas Rottenberg

Verschmutztes Wasser trinkbar zu machen gehört daher aus 1.001 Gründen mit zu den vorrangigsten Aufgaben von Entwicklungshelfern und anderen Hilfsorganisationen. Sei es an Orten, an denen es von Natur aus kein sauberes Wasser gibt. Sei es nach Naturkatastrophen. Oder bei von Menschen absichtlich herbeigeführtem Trinkwassermangel.

Lebensretter

Dass Camper, Wanderer und Outdoor-Abenteurer sich ebenfalls sauberes Wasser wünschen ist da zwar ein vergleichsweise vernachlässigbares Thema, nichtsdestotrotz ist es erwähnenswert, dass unsereiner beim Spielen im Freien da von Technologien profitiert, die anderswo Leben retten. Und die von Hilfsorganisationen weltweit – etwa nach Hurrikan- und Erdbebenkatastrophen auch eingesetzt werden: Die Lifestraw-Technologie nämlich.

Lifestraw funktioniert tatsächlich wie ein Strohhalm: Man saugt am Rohr – und trinkt. In dem etwa 30 Zentimeter langen und rund drei Zentimter dicken Rohr filtert eine Unmenge kleiner und kleinster Filter ohne den Einsatz von Chemie und ohne andere mechanische Methoden als das Ansaugen alles heraus, was größer als 200nm ist. Das entspricht 99,9 Prozent aller Partikel, Teile, Erreger, Parasiten oder Bakterien, die sich gemeinhin in Wasser tummeln können.

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In unseren Breiten (und auch bei meinem Test mit der "Lifestraw Go"-Trinkflasche) geht es in der Regel vor allem um Sand, Schlamm oder andere grobe Verunreinigungen: Dass das funktioniert kann ich also aus eigener Anschauung bestätigen. Bei den anderen Angaben verlasse ich mich aber darauf, dass Hilfsorganisationen wie das Internationale Rote Kreuz oder World Vision das Ding nicht einsetzen würden, wenn das, was der Hersteller behauptet, nicht stimmen würde: Da geht es schließlich um Menschenleben.

Hergestellt wird der Strohhalm von einem Schweiz-Dänischen Unternehmen: Vestergard Frandsen stellt seit Ende der 1950er Jahre Uniformen her, verlagerte seinen Schwerpunkt in den 90ern dann aber auf Ausrüstung und Hilfsmittel für den Einsatz in Drittweltstaaten. So ist das heute in Lausanne ansässige Unternehmen etwa der größte Hersteller von langlebigen, insektizidimprägnierten Netzen zum Schutz vor Malaria. Mit Wasserfiltern experimentiert man seit 1994 – der erste tatsächlich einsatzbereite Filter kam 1999 zum Einsatz. Bis zum heute gültigen Lifestraw-Standard dauerte es dann noch bis 2005. Seither wächst das Portfolio – das Grundprodukt wird mittlerweile in zahlreichen Versionen eingesetzt.

Foto: Thomas Rottenberg

Einfache Anwendung

Der von mir getestete "Lifestraw Go" kam 2014 auf den Markt und ist in der Anwendung deppensicher: Wasser in die Flasche, zuschrauben – trinken. Funktioniert. Bis zu 1000 Liter Trinkwasser lassen sich so "gewinnen", dann sollte man den "Halm" wechseln.

2015 brachte Vestergard die Version "Mission". Der Filter funktioniert gleich wie bei "Go" und den übrigen Produkten – funktioniert allerdings nicht durch Saug- sondern Schwerkraft: In einem Fünfliter-Plastiksack (es gibt auch größere Versionen), der an der Decke oder einem Ast aufgehängt wird, wartet Wasser darauf, durch den Filter in Feldflasche, Kochtopf oder Becher zu laufen.

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So wie die Trinkhalme erfüllt auch der Sinkhalm die höchsten Qualitätsansprüche der US-Umweltschutzbehörde und der Weltgesundheitsorganisation – und entfernt 99,999 % aller Viren (etwa Rotavirus und Hepatitis A), Bakterien (zB. E.coli) oder Protozoen (wie Giardia und Cryptosporidium) – und reduziert die Trübung des Wassers bis zu 0,02 Mikron. (Was immer das heißen mag.)

Foto: Thomas Rottenberg

Und sogar dann, wenn man im Alpenraum Wasser aus Bächen oder Seen meist einfach so trinken kann oder könnte (sogar der Donaukanals hat angeblich seit einigen Jahren Trinkwasserqualität) und das bisserl Sand, das da mitschwimmt auch von einem schlichten Kaffeefilter ausgesiebt werden könnte, empfehle ich den Lifestraw heuer als Outdoor-Weihnachtsgeschenk: Der Erlös jedes verkauften Teils finanziert und sichert im Rahmen des "Follow the Litres"-Projekt die Trinkwasserversorgung eines Kindes in einem Dritte-Welt- Land für ein Jahr.

Der Lifestraw Go kostet online rund 42 Euro. Den Lifestraw Mission gibt es ab etwa 110 Euro. (Thomas Rottenberg, 22.11.2015)