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Foto: Polica Nationale via Twitter

Seit dem Massaker bei "Charlie Hebdo" ist es auf Twitter Usus geworden, Anteilnahme in Form eigentümlicher Identitätsbekundungen zu artikulieren. Der Slogan "JeSuisCharlie", "Ich bin Charlie", war mitfühlend und gutgemeint, aber schon damals umstritten.

Manche Kritiker beanstandeten, der Spruch sei politisch inhaltsleer. Andere stießen sich daran, dass viele der Sich-Identifizierenden das brachialhumoristische Blatt kein einziges Mal gelesen hatten und sich daher mit einer unbekannten Größe gleichsetzten. Umgehend versammelten sich teils harmlose, teils jihadistisch inspirierte Twitterati unter dem Gegenschlachtruf "JeNeSuisPasCharlie": Nein, "Charlie" seien sie keineswegs.

Nach der Schlächterei vom 13. November setzt sich die Debatte um die Zulässigkeit der "Je suis"-Formel unter anderen Vorzeichen fort. "JeSuisParis" ist zwar semantisch Unsinn, aber die gute Absicht dahinter versteht man. Problematischer verhält es sich mit den Twitter-Hommagen an die deutsche Schäferhündin Diesel, die beim Sturm auf die Terroristenwohnung in Saint Denis ums Leben gekommen ist.

Wenn man sich unter dem Hashtag "JeSuisDiesel" quasi sprachlich ins Fell einer toten Hündin versetzt, finden dies die einen angesichts der menschlichen Opfer pietätlos. Für andere ist es ein legitimer Ausdruck der Trauer um eine leidensfähige Kreatur. Wie auch immer: "JeSuisDiesel" wäre nicht der erste Twitter-Hashtag, bei dem unklar bleibt, ob ihm Zartsinn oder Zynismus Pate gestanden ist. (win, 21.11.2015)