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Die Frage, wer beim geförderten Wohnbau mitreden darf, spaltet nicht nur Bund und Länder

Foto: apa/dpa

Wien – Das Wording zwar zweifellos ein unfreundlicher Akt: Als "vertrottelt" bezeichnete Niederösterreichs Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) Anfang November im STANDARD-Gespräch den Gesetzesentwurf seines Parteichefs und Wirtschaftsministers Reinhold Mitterlehner.

Es geht darin um die Schaffung einer neuen Wohnbauinvestitionsbank (WBIB), für die der Bund Haftungen im Ausmaß von 500 Millionen Euro übernimmt. Bei der Förderung der konkreten Wohnbauprojekte möchte der Bund aber ein Wörtchen mitreden – wohl eine Lehre aus der stark schwankenden Bautätigkeit der Länder und den Verlusten bei Spekulationsgeschäften mit Wohnbaugeldern, mit denen Salzburg und Niederösterreich für Schlagzeilen gesorgt haben.

Kompetenzstreit

Nun zeigt sich aber, dass Sobotka mit seiner Kritik nicht allein dasteht (die Begutachtungsfrist für das Gesetz endete am Freitag). Auch Kärnten und das Burgenland orten unzulässige Eingriffe in ihre Kompetenzen, weil Wohnbauförderung eben Landessache sei.

Die wesentlichen Kritikpunkte:

  • Doppelgleisigkeiten: Die neue Bank soll eigene Förderrichtlinien bekommen. Die Länder befürchten dadurch Parallelstrukturen und wollen Förderungen nur anhand ihrer eigenen Richtlinien abgewickelt sehen.

  • Fünf-Jahres-Pläne: Damit auch tatsächlich mehr gebaut wird, sollen die Länder laut Gesetz verpflichtet werden, die zusätzlichen Aktivitäten in Fünf-Jahres-Plänen zu dokumentieren. Es ist eine Berichtspflicht der Landesregierung an die Landtage vorgesehen. Und: Indirekt will der Bund auch Druck auf die Länder ausüben, die Zweckwidmung der Wohnbaugelder wiedereinzuführen. Mindestens 50 Prozent der WBIB-Mittel sind nämlich für Projekte im Rahmen der "zweckgewidmeten Wohnbauförderung" reserviert. Ohne Zweckwidmung gibt es folglich weniger Geld.

Diese Vorgaben werden von den Ländern abgelehnt. Rückendeckung bekommen sie vom Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt. Auch er ist der Meinung, dass der Bund die Landesregierungen nicht zur Erstellung von Fünf-Jahres-Plänen oder zu einer Berichtspflicht gegenüber den Landtagen verpflichten könne. Das sei eben eine Landeskompetenz.

Verfassungsbedenken

Der Verfassungsdienst hat aber auch ein grundsätzliches Problem damit, dass nur dann bundesbehaftete Kredite fließen dürfen, wenn belegt werden kann, dass es sich um zusätzliche Bautätigkeiten handelt. Die Erfüllung dieser Kriterien liege "möglicherweise außerhalb der Einflusssphäre" der Wohnbauträger und werfe somit "Sachlichkeitsbedenken" auf. Mit anderen Worten: Die Regelung könnte verfassungswidrig sein.

Besonders pikant ist die Stellungnahme des Finanzministeriums, das von Mitterlehners Parteikollege Hans Jörg Schelling geführt wird und das – so wurde es zumindest immer kommuniziert – in die Erstellung des Entwurfs eingebunden war. "Der Sinn und Zweck der Einrichtung der Wohnbauinvestitionsbank ist nicht erkennbar", schreibt das Finanzressort. Der vorgesehene Geschäftszweck der Bank werde bereits jetzt von den bestehenden Wohnbaubanken (sie sollen auch die Gesellschafter des neuen Instituts werden, Anm.) abgedeckt.

Einnahmenausfall befürchtet

Befürchtet wird auch ein Einnahmenausfall. Die Wohnbaubank ist nämlich von allen Rechtsgebühren befreit. Falls die Wohnbaubanken nun ihre Geschäftstätigkeit durch Kredite an die WBIB ausweiten, könne das zu einem Steuerausfall führen.

Und ebenfalls nicht uninteressant: Wie berichtet, geht das Wirtschaftsministerium davon aus, dass mit den 500 Millionen an Haftungen satte fünf Milliarden Euro an Bauvolumen ausgelöst werden. Wie man auf diese Berechnung kommt, ist für das Finanzministerium allerdings nicht nachvollziehbar. (Günther Oswald, 22.11.2015)