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Der Sänger und Verschwörungstheoretiker Xavier Naidoo.

Foto: Reuters/TOBIAS SCHWARZ

Wie war das noch gleich am 11. Mai 2014 in Kopenhagen? Da stand eine bärtige Frau auf der Siegertreppe und rief in tiefer Inbrunst: "We are unstoppable!" In diesem Jahr war der Song Contest groß, so groß wie nie zuvor.

2016 ist der Song Contest wieder punktiklein, und vielleicht wäre es ratsam, ihn ganz zu übersehen. Die Entscheidung der deutschen ARD, Xavier Naidoo nach Stockholm zu schicken, ist – um es mit den Worten des christlichen Soul-Sängers zu sagen – einfach "nicht von dieser Welt".

Er stehe "für Toleranz allen Lebensentwürfen gegenüber, die es in dieser Republik gibt", sagt die ARD allen Ernstes über ihren Kandidaten. Dieser behauptet von sich, "für ein weltoffenes Deutschland" zu sein.

Shitstorm

Zweifel kommen dazu nicht erst im Web auf, wo seither ein orkanartiger Shitstorm tobt. Denn es ist ja nicht so, dass der Barde, erst seit er Andreas Gabalier coverte, im rechten Eck ein zweifelhaftes Bild abgibt. Das Register der Auffälligkeiten gegen Toleranz und Weltoffenheit ist kein kleines.

Mit dem T-Shirt-Aufdruck "Freiheit für Deutschland" trat er vor Deutschnationalen auf. Bei der Mahnwache der rechten Montagsdemonstranten rief er dem Publikum ein aufmunterndes "Lasst uns miteinander Ordnung schaffen!" zu. Er gab eine Verschwörungstheorie der rechtspopulistischen "Reichsbürgerbewegung" zum Besten, wonach das Deutsche Reich bis heute fortbestehe und heimlich von Besatzungsmächten kontrolliert werde. "Schleier vor den Augen" hätten jene, die die offizielle Version der Anschläge auf das World Trade Center glaubten.

Wie Jesus

Er verglich sich mit Jesus, denn er wolle auch "auf alle Menschen" zugehen – auch auf die NPD. In einem Lied über satanische Rituale richtete er auf einem Album mit dem Rapper Cool Savas Homosexuellen aus, was er von ihnen hält: "Ihr habt einfach keine Größe und eure kleinen Schwänze nicht im Griff."

Noch unter die harmloseren Absonderlichkeiten mag da frühes Allürentum fallen, das dem 44-jährigen Mannheimer und Vater eines Sohns verunmöglichte, ihm überreichte Trophäen mit bloßen Händen anzufassen. Berührungsängste mit Schmutz dürften sich inzwischen erledigt haben.

Größenwahn darf Naidoo übrigens demnächst auch in Wien ausleben: Bei Helene Fischer tritt er in der Hofburg als Stargast ihrer Weihnachtsshow auf. Er singt: "Vom Himmel hoch, da komm ich her." Halleluja. (Doris Priesching, 21.11.2015)