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Auf einem gesprengten Strommasten haben Unbekannte die Flagge der Krimtataren angebracht.

Foto: APA / EPA / Hromadske TV

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Kiew/Moskau – Ein Stromausfall sorgt für neue Spannungen im russisch-ukrainischen Verhältnis: Nachdem Unbekannte in der ostukrainischen Region Cherson vier Starkstromleitungen lahmgelegt hatten, gingen für die 1,9 Millionen Bewohner der Krim in der Nacht zum Sonntag alle Lichter aus.

"Die Masten wurden soeben gesprengt", teilte Ilja Kiwa, ein Vertreter des ukrainischen Innenministeriums, auf seiner Facebook-Seite mit. Schon am Freitag hatten Demonstranten, vornehmlich Krimtataren und Kämpfer des Rechten Sektors, die seit Wochen die Einfahrten zur Krim blockieren, versucht, die Stromleitungen zu sprengen, und sie dabei schwer beschädigt. Die ukrainische Nationalgarde musste schließlich anrücken, um die Demonstranten zu vertreiben und Reparaturtrupps den Zugang zu ermöglichen.

Wegen der Zusammenstöße wurden inzwischen in der Ukraine mehrere Strafverfahren eingeleitet, auch die Suche nach den Strom-Saboteuren läuft. Das Energieministerium versprach, zumindest eine Hochspannungsleitung in Kürze wieder in Betrieb zu setzen. Immerhin ist auch die Energieversorgung von Teilen der Oblast Cherson akut gefährdet. Wann die Stromlieferungen Richtung Krim wieder aufgenommen werden, ist noch völlig offen.

Die Folgen für die Krim sind erheblich: Die Halbinsel ist nach ihrem völkerrechtswidrigen Anschluss an Russland in ihrer Energieversorgung weiter von der Ukraine abhängig. Rund 70 Prozent des Stroms müssen vom Festland importiert werden. Perspektivisch sollen vom russischen Festland verlegte Leitungen Abhilfe schaffen.

Strom wird rationiert

Doch am Sonntag blieben die meisten Häuser auf der Krim im Dunkeln. Die mobilen Stromgeneratoren auf der Krim dienen zunächst der Energieversorgung von "strategisch und sozial wichtigen Einrichtungen", also Militärstützpunkten und Krankenhäusern. Für die Bewohner hingegen ist der Strom streng stundenweise rationiert.

Die Treibstoffvorräte für den Betrieb der Generatoren unter voller Belastung reichen nach Angaben des russischen Energieministeriums für knapp einen Monat. Die Führung der Krim hat den Notstand ausgerufen. "Netzabschaltungen wird es leider auf der ganzen Halbinsel geben", erklärte der Vizepremier der Krim, Michail Scheremet. Die Bevölkerung werde informiert über die Zeiten, zu denen es in ihrer Region Strom gebe. Profitieren können davon aber wohl allenfalls die Bewohner der größeren Städte wie Sewastopol, Simferopol oder Jalta.

Die Bevölkerung wurde aufgerufen, keine elektrischen Heizgeräte zu benutzen. Um Strom zu sparen, wird die Straßenbeleuchtung abgeschaltet, Kindergärten bleiben geschlossen.

Zuletzt hatte es auch in Moskau Bemühungen gegeben, den Konflikt mit der Ukraine zu entschärfen. Der neue Zwischenfall dürfte die Konfrontation aber wieder anheizen. Der von Moskau bestellte Krim-Premier Sergej Aksjonow bewertete das Kappen der Stromleitungen als Terroranschlag unter Mithilfe der Kiewer Regierung. (André Ballin, 22.11.2015)