Jerusalem – Kurz vor einem Besuch von US-Außenminister John Kerry im Nahen Osten sind bei gewaltsamen Zwischenfällen erneut drei Palästinenser und eine Israelin getötet und mehrere weitere Israelis verletzt worden. Im besetzten Westjordanland wurden am Sonntag drei palästinensische Angreifer erschossen, die zuvor mit Messern auf Israelis losgegangen waren. Eine 20-jährige Frau erlag ihren schweren Stichwunden.

Eine 16-jährige Palästinenserin ging nach Armeeangaben an einer Kreuzung südlich von Nablus mit einem Messer auf einen Israeli los. Sicherheitskräfte und ein Zivilist hätten die Frau aufgehalten und erschossen, erklärte die Armee.

Ein jüdischer Siedler, der Regionalpolitiker Gershon Mesika, berichtete später im Armeeradio, er habe die junge Frau mit seinem Auto überfahren, um sie zu stoppen. "Ich habe eine Terroristin gesehen, die hinter einem Kind herlief", sagte Mesika. Er habe das Steuer herumgerissen und die Frau "mit Vollgas" überfahren. Dann sei ein Soldat gekommen und habe mit seiner Schusswaffe "den Job erledigt".

Attacke auf Zivilisten

Kurz darauf fuhr ein Palästinenser an einer anderen Kreuzung im Westjordanland mit einem Taxi in eine Gruppe von Fußgängern. Danach sei er ausgestiegen und mit einem Messer auf die Zivilisten losgegangen, erklärte die Polizei. Einer der Zivilisten habe den Mann erschossen. Nach Angaben von Rettungskräften wurde bei der Autoattacke ein 51-jähriger Israeli leicht verletzt.

Bei der dritten Attacke stach ein palästinensischer Angreifer in der Nähe des jüdischen Siedlungsblocks Gush Etzion südlich von Jerusalem mit einem Messer auf eine Israelin ein. Der Angreifer wurde nach Polizeiangaben erschossen, das 20-jährige Opfer wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht und erlag später ihren Stichwunden an Kopf und Brust.

Am Samstag waren bei einer Messerattacke in der südisraelischen Stadt Kiryat Gat vier Israelis verletzt worden. Die Polizei nahm nach dem Angriff in der Nähe eines Fußballstadions einen 18-jährigen Palästinenser fest. Bei den vier Verletzten handelte es sich nach Angaben von Rettungskräften um einen Mann, zwei Frauen und ein 13-jähriges Mädchen.

Gewaltwelle seit Anfang Oktober

Seit Anfang Oktober ist die Lage in Israel und im Westjordanland äußerst angespannt. Immer wieder verüben Palästinenser Messerattacken auf Israelis. In vielen Fällen wurden die Angreifer von Sicherheitskräften erschossen. Im Zusammenhang mit der neuen Gewaltwelle wurden insgesamt 16 Israelis sowie ein US-Bürger und ein Eritreer getötet. Auf palästinensischer Seite wurden fast 90 Menschen getötet.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu rief die Israelis am Sonntag zu "höchster Alarmbereitschaft" auf. Es handle sich bei den Angreifern um Einzeltäter, sagte er bei einer Kabinettssitzung. Es sei für die Sicherheitskräfte daher "sehr schwierig", solche Attacken zu verhindern.

US-Außenminister Kerry wollte am Sonntag zu einer Nahost-Reise aufbrechen. Am Montag will er in Abu Dhabi mit arabischen Außenministern über den Syrien-Konflikt und den Kampf gegen die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) sprechen. Am Dienstag sind in Israel und im Westjordanland unter anderem Treffen mit Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas geplant. Dabei soll es vor allem um den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern gehen. (APA, 22.11.2015)