Wien – Eva Glawischnig ist am Sonntag beim Bundeskongress der Grünen in Villach als Bundessprecherin wiedergewählt worden. Mit 84,96 Prozent der Delegiertenstimmen fuhr sie – wohl vor dem Hintergrund der letzten ernüchternden Wahlergebnisse und der darauf folgenden Richtungsdiskussion – ihr bisher schlechtestes Ergebnis ein.
Zuvor gab es erneut Kritik an der Ausrichtung der Partei. Vor allem Sicherheitssprecher Peter Pilz sprach über seine Idee eines "linken Populismus". Man müsse auf die Menschen zugehen und ihre Ängste nehmen, meinte Pilz.
Glawischnig zeigte sich dennoch sichtlich erfreut und nahm die Wahl an. Von den Delegierten gab es Standing Ovations. Erstmals zur Bundessprecherin gewählt wurde Glawischnig 2009 mit 97,4 Prozent. Bei ihrer Wiederwahl 2010 kam sie auf 96 Prozent, 2012 auf 93,36. Ihr Vorgänger Alexander Van der Bellen hatte nie mehr als 90,5 Prozent erreicht.
FPÖ von Macht fernhalten
Im Hearing vor der Abstimmung warb Glawischnig um Vertrauen für die kommenden drei Jahre. Sie verteidigte ihr Anliegen, eine Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zu erreichen und die FPÖ von der Macht fernzuhalten. Für eine Richtungsdiskussion zeigte sie sich offen, allerdings nur bis zu einer gewissen Grenze. "Ich finde, unsere grüne Seele ist nicht austauschbar", betonte sie.
"Ich möchte diese Regierung umdrehen. Ich glaube, dass das sonst niemand kann und wird", so Glawischnig. Ihre Einstellung sei klar: "Ich möchte keine Blauen in der österreichischen Bundesregierung haben." Die Herausforderungen seien groß, denn man sehe, "wie dieses Altparteiensystem zerfällt und sich viele in Angst und Sorge nicht einer progressiven Partei zuwenden".
Kein Verlass auf SPÖ und ÖVP
Auf SPÖ und ÖVP sei kein Verlass, erinnerte die Grünen an die Koalitionen im Burgenland und in Oberösterreich. Bei der Volkspartei sei offenkundig, dass sie im Bund auch vor Blau-Schwarz nicht zurückschrecken würde. Bei der SPÖ würden es Werner Faymann und Michael Häupl zwar vermutlich nicht tun, andere agierten hier aber wohl situationselastisch. "Auf uns ist in dieser Frage Verlass", betonte sie.
Richtungsstreit über Populismus
Beim Thema Richtungsstreit übte sie – ohne ihn namentlich zu nennen – deutliche Kritik an Pilz, der sich wiederholt für "linken Populismus" und das Eingehen auf Ängste der Protestwähler ausgesprochen hatte. "Es gibt Grenzen, über die gehen wir nicht", meinte sie und verwies auf Inhalte wie Klimaschutz oder Frauenrechte.
Sich über "Kerzerlsteher an der Grenze" zu mokieren, wie es Pilz in mehreren Interviews getan hatte, sei "verächtlich" und "Zynismus". "Wir sind als Grüne eine progressive linksliberale Partei", unterstrich Glawischnig. "Ich hoffe, dass wir uns da einig sind."
Dass es "extreme innere Auseinandersetzungen" gibt, räumte Glawischnig ein. Die Grünen seien als Widerstandsbewegung mit ökologischer Grundausrichtung gestartet, gleichzeitig aber auch Konzept- und inzwischen auch Gestaltungspartei, begründete sie dies. (APA, 22.11.2015)