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Der erste Schnee erschwert die Situation: Nicht viel mehr als eine Plane über dem Kopf gibt es für durchreisende Flüchtlinge an der österreichisch-deutschen Grenze bei Kollerschlag.

Foto: APA/EPA/Armin Weigel

Wien – Von winterfest kann bei den in Salzburg verwendeten Zelten, in denen Transitflüchtlinge ihrer Weiterreise nach Deutschland harren, keine Rede sein: "Das sind bessere Bierzelte", sagt ein Sprecher der Stadt dem Standard. Die flachen Zeltdächer könnten keine Schneelast tragen. Die Stadt hat sogar einen Statiker enga- giert. Sein Gutachten schreibt vor, dass die Lufttemperatur im Giebelbereich der Zelte mindestens zwölf Grad Celsius betragen müsse, damit der Schnee nicht liegen bleibe.

Erschwerend kommt hinzu, dass in den nicht winterfesten Quartieren auch einige Hundert Asylwerber, die in Österreich bleiben wollen, untergebracht sind. Im Land Salzburg leben aktuell 3400 Flüchtlinge in Landesquartieren, weitere 500 in Bundeseinrichtungen. Das Land plant, 660 Menschen in eigenen Holz-Fertigteilhäusern (siehe Artikel links unten) unterzubringen.

49 der 119 Gemeinden ohne Flüchtlinge

In der Landeshauptstadt Salzburg sollen über den Winter drei Großquartiere für insgesamt 650 Menschen entstehen. Die übrigen Flüchtlinge sind im Land verteilt, wobei immer noch 49 der 119 Salzburger Gemeinden keine Flüchtlinge aufnehmen.

Der Bedarf an Unterkünften in Österreich hat sich seit Jahresbeginn verdoppelt. Derzeit befinden sich 68.000 Asylwerber in der Grundversorgung des Bundes, im Jänner waren es 31.000. Für heuer werden 95.000 Asylanträge erwartet. Bisher wurden unter anderem in Althofen, Krumpendorf, Ohlsdorf, Mondsee, Hörsching und Wals-Siezenheim 700 winterfeste Container aufgestellt, in den kommenden Tagen sollen noch einmal 500 angeschafft werden.

Uno-Team auf Österreich-Tour

Vergangene Woche war ein Technikerteam der Vereinten Nationen, konkret des UN-Humanitarian Response Depot (UNHRD), in Österreich, um sich mögliche Standorte für vorerst zwei winterfeste Container-Module für je 450 Flüchtlinge anzusehen. Wie berichtet, hat das Innenministerium mit dem dem UN World Food Programme unterstehenden UNHRD kürzlich mittels Memorandums ausgemacht, dass Österreich UN-Zelte und -Container zur Verfügung stehen (siehe Artikel rechts unten).

Sechs Standorte für die Container-Units sollen dem Vernehmen nach auf Bundesgrundstücken eine Option sein. Im Innenministerium bestätigt ein Sprecher nur, dass Uno-Container "auch mit in den Überlegungen" seien.

Wintereinbruch in Tirol

In Tirol – wo am Sonntag endgültig der Winter begonnen hat – schlafen derzeit 181 Flüchtlinge in Zelten. "Bis Ende der Woche sollen dort nur noch Transitflüchtlinge unterkommen", sagt Landesrätin Christine Baur (Grüne). Ab Mitte Dezember würden Zelte durch Holzbauten ersetzt. Doch schon jetzt, sagt Baur, gebe es in Tirol "keine Unterkünfte, die nicht für den Winter geeignet sind".

Im Innenministerium sieht man das anders: Zelte gelten dort grundsätzlich nicht als winterfest. Anfang 2016 sollen in Tirol drei kältedichte Traglufthallen zur Verfügung stehen – bisher konnte allerdings erst für eine ein Standort gefunden werden.

Winterfeste Großzelte in Spielfeld

An der Grenze in Spielfeld in der Steiermark wurden die Großzelte für die Ankommenden aus Slowenien winterfest gemacht. "Es strömt warme Luft in die Zelte, alle sind gegen Regen, Kälte und Schnee geschützt", sagt Polizeisprecher Christoph Grill. Inzwischen sei auch für den Buswarteplatz ein Zelt errichtet worden. In Summe sei Platz für bis zu 5500 Flüchtlinge. Beim Grenzübergang Radkersburg werde darauf geachtet, dass Flüchtlinge sofort mit Bussen abgeholt werden.

In der Gemeinde Althofen in Kärnten zogen vor etwas mehr als einer Woche 120 Asylwerber von Zelten in Container um. Für den Aufbau von 80 Containern hatte das Innenministerium vom umstrittenen Durchgriffsrecht Gebrauch gemacht. Protest dagegen hatte es aber nicht gegeben, sagte der ÖVP-nahe Bürgermeister Alexander Benedikt. In Klagenfurt und Villach wurden winterfeste Plätze für 1600 Flüchtlinge in Hallen eingerichtet. Täglich kämen 1500 bis 1600 Flüchtlinge nach Kärnten, sagt der Kärntner Polizeisprecher Rainer Dionisio.

Transitquartier in Kollerschlag wird abgebaut

In Oberösterreich bringt das feuchte Wetter Bewegung in die Unterkunftssituation: Wie berichtet, soll das Transitquartier in Kollerschlag an der Grenze zu Bayern abgebaut und auf festem Untergrund in Nebelberg in wenigen Kilometern Entfernung neu errichtet werden. Das Zelt wird zwar beheizt, für längere Aufenthalte ist es aber nicht geeignet.

Aktuell gibt es in Oberösterreich 10.653 Plätze in Grundversorgung – inklusive der 1995 kirchlichen sowie zusätzlichen 4000 vom Bund für den Transit. Mindestens 900 Plätze fehlen. Die österreichischen Transitunterkünfte in Grenznähe werden immer mehr als Notausweichquartiere für Asylwerber genutzt.

Notquartier im Stadion

In Wien befinden sich laut Flüchtlingskoordinator Peter Hacker derzeit rund 6000 Asylwerber in Notquartieren – die nie für längere Aufenthalte gedacht waren. So leben allein 700 männliche Asylwerber im Ferry-Dusika-Stadion sowie insgesamt 390 Kinder und Eltern in einer dortigen Halle.

Hacker zufolge sind die Quartiere in Wien im Grunde winterfest, einige aber "grenzwertig". Diese würden verbessert. Er kritisiert, dass der Bund – nicht die Länder – zu wenige Unterkünfte schaffe, obwohl ihn das Durchgriffsrecht dazu ermächtige. Zahlreiche Personen in Asylverfahren lebten bereits seit Wochen in Notquartieren. (Irene Brickner, Katharina Mittelstaedt, Markus Rohrhofer, Walter Müller, Thomas Neuhold, Michael Simoner, Gudrun Springer, 22.11.2015)