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Bei dem schweren Erdbeben im April 2009 starben mehr als 300 Menschen.

Foto: Guardia Forestale, File/AP/dapd

Rom – Sechs italienische Wissenschafter waren bei einem erstinstanzlichen Urteil vor drei Jahren für schuldig erklärt worden, weil sie die Bevölkerung der Stadt L'Aquila 2009 nicht hinreichend vor einem Erdbeben gewarnt haben sollen. Das Urteil – sechs Jahre Haft – hatte damals für große Empörung nicht nur in der akademischen Welt gesorgt. Nun sind die Forscher letztinstanzlich freigesprochen worden. Das Oberste Gericht in Rom bestätigte am Freitagabend den Freispruch eines Berufungsgerichts von L'Aquila.

Die Anklage hatte den Wissenschaftern vorgeworfen, die Risiken des Bebens unterschätzt zu haben, bei dem im April 2009 mehr als 300 Menschen umkamen. Im November 2014 waren die Wissenschafter dann freigesprochen worden, doch die Staatsanwaltschaft legte dagegen Berufung ein. Das Kassationsgericht bestätigte jetzt letztinstanzlich den Freispruch.

Zu den freigesprochenen Angeklagten zählen führende Wissenschafter Italiens, wie etwa der ehemalige Leiter des Instituts für Geophysik und Vulkanologie, Enzo Boschi, und Ex-Zivilschutzchef Franco Barberi. Die Forscher waren vor dem Beben zu dem Schluss gekommen, dass eine Reihe von vorangegangenen Erdstößen in der Region auf kein erhöhtes Erdbebenrisiko hinweise. Ihre Empfehlungen dienten den Behörden als Entscheidungshilfe.

Bürger zeigten Wissenschafter an

Die Angeklagten hätten die lange Serie kleiner Beben ohne Schäden ignoriert, die in der Region Wochen vor dem Erdbeben registriert worden waren, und die wachsende Sorge in der Bevölkerung heruntergespielt, meinten die Staatsanwälte. Die Verteidiger erwiderten, dass Erdbeben unvorhersehbar seien. Diese Ansichten teilten offenkundig auch die Berufungsrichter.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von L'Aquila gegen die Experten wurde nach einer Anzeige von 30 Bürgern eingeleitet. Fünf Tage vor dem großen Erdbeben hatte eine Kommission aus Funktionären des Zivilschutzes und Seismologen getagt und den Bürgern erklärt, dass keine akute Erdbebengefahr bestehe. Bei dem Beben wurden 308 Menschen getötet und mehr als 1.600 verletzt. (APA, red, 22.11.2015)