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Das Pharma-Fusionskarusell dreht sich: Durch einen Zusammenschluss des US-Riesen Pfizer und der irischen Allergan wird der neue Konzern Marktführer Johnson & Johnson überholen.

Foto: Reuters/Blinch

New York – Der Pharmariese Pfizer heiratet in Irland ein. Durch die 320 Milliarden Dollar schwere Fusion mit der Botoxfirma Allergan wandert der Sitz ins Steuerparadies Dublin. In weiterer Folge steht eine Aufspaltung im Raum.

Die Pharmabranche steht vor der Megafusion des Jahres. Um von der niedrigen irischen Körperschaftssteuer zu profitieren, will US-Gigant Pfizer für 160 Milliarden Dollar (150 Mrd. Euro) den Botox-Hersteller Allergan kaufen und den gemeinsamen Firmensitz nach Dublin verlegen. Der kombinierte Konzern mit rund 110.000 Mitarbeitern hätte einen Marktwert von etwa 320 Milliarden Dollar bei einem Jahresumsatz von 63,5 Milliarden Dollar und würde am derzeitigen Marktführer Johnson & Johnson vorbeiziehen. Allerdings wird bereits eine Teilung in unterschiedliche Unternehmenssparten diskutiert, sobald der Deal 2016 rechtskräftig würde.

Klein schluckt Groß

Pfizer-Vorstandschef Ian Read ist seit langem als scharfer öffentlicher Kritiker der US-Körperschaftssteuer von 35 Prozent aufgetreten. Im vergangenen Jahr unternahm der Viagra-Hersteller mit mehreren Angeboten den Versuch, den schwedisch-britischen Konzern Astra Zeneca zu kaufen. Zuletzt ging es dabei um einen Preis von knapp 85 Milliarden Euro. Dessen Management lehnte ab: Der Preis sei zu niedrig, zudem würde ein Zusammenschluss unnötige Unruhe ins Unternehmen bringen.

Damals wie heute handelte es sich um einen sogenannten Inversionsdeal. Auf dem Papier erwirbt dabei das kleinere Unternehmen den größeren Konkurrenten, wobei dieser aber das nötige Kapital bereitstellt. Der buchhalterische Trick hätte Pfizer die Verlegung des gemeinsamen Firmensitzes zum Standort von Astra Zeneca in Großbritannien ermöglicht, wo Unternehmen 20 Prozent Steuern bezahlen. Am Heimatstandort muss die 165 Jahre alte Firma in diesem Jahr mit 26 Prozent Steuern rechnen.

Auch der Botox-Hersteller Allergan hat seine Wurzeln in den USA und wird operativ aus Parsipanny (US-Bundesstaat New Jersey) gesteuert. Sollte der Zusammenschluss gelingen, wäre die Ersparnis erheblich. Auf der grünen Insel liegt die Körperschaftssteuer seit Jahren bei 12,5 Prozent, aller internationalen Kritik zum Trotz. Die bereinigte Steuerquote dürfte bei 17 bis 18 Prozent liegen, Pfizer also mehrere Milliarden Dollar sparen.

Der geplante Deal besteht aus einem kleinen Cash-Anteil von unter zehn Prozent und einem Aktientausch. Allergan-Aktionäre erhalten 11,3 Aktien des neuen Giganten im Ausgleich für ein Allergan-Papier. Bei Pfizer-Aktionären liegt das Verhältnis bei eins zu eins.

Das neue Unternehmen wird Pfizer heißen. Das operative Geschäft verbleibt in der derzeitigen Pfizer-Zentrale in New York. Der aus Schottland stammende Pfizer-Veteran Ian Read wird CEO und Chairman des neuen Großkonzerns, Allergan-Boss Brent Saunders bleibt als Präsident und COO im Unternehmen. Der Deal werde "eine führende globale Pharmafirma" schaffen, teilte Read mit.

Fusioniert und aufgespalten

Analysten rechnen aber nicht damit, dass der in Branchenkreisen scherzhaft "Pfizergan" genannte Koloss in dieser Form lang überleben wird. Offenbar soll das kombinierte Unternehmen bald nach dem rechtlichen Abschluss des Deals wieder in zwei Sparten unterteilt werden. Die eine würde neu entwickelte und hochprofitable Medikamente wie Lipitor und Lyrica vermarkten, die andere ältere Produkte verkaufen, die zudem der Konkurrenz durch Generika ausgesetzt sind. Pfizer würde damit dem Ruf gerecht, die Firma kaufe Konkurrenten nur, um sie anschließend zu zerschlagen. Nach Gewerkschaftsangaben hat der Konzern seit 2005 mindestens 65.000 Stellen gekürzt.

Der geplante Megamerger kommt am Ende eines Jahres, in dem die Branche eine Vielzahl von Käufen, Verkäufen und Zusammenschlüssen im Gesamtwert von rund einer Billion Dollar erlebt hat. Dazu gehörte auch ein Asset Swap von rund 20 Milliarden Dollar zwischen dem britischen Marktführer GSK und dem Schweizer Novartis-Konzern im Frühjahr. (Sebastian Borger aus London, 23.11.2015)