Ramallah – Unmittelbar vor einer Vermittlungsmission von US-Außenminister John Kerry im Nahen Osten hat der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, die israelische Regierung für die seit fast zwei Monaten andauernde Gewalteskalation verantwortlich gemacht.

Er verurteile die Politik von Regierungschef Benjamin Netanjahu, sagte Erekat der Nachrichtenagentur AFP im Interview. "Ja, und ich mache ihn verantwortlich. Ich mache ihn für diese Verschlechterung verantwortlich." Kerry will am Dienstag in Unterredungen mit Netanjahu in Jerusalem und mit Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas in Ramallah auf eine Beruhigung der Lage dringen. Dabei soll es um praktische vertrauensbildende Schritte gehen. Erekat drohte erneut damit, die Sicherheitskooperation der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Israel zu beenden, falls bei den Gesprächen mit Kerry nicht Konkretes herauskomme.

"Große, große Entscheidungen"

Er hoffe darauf, dass Kerry Netanjahu dazu bringen werde, "seine Verpflichtungen zu erfüllen", sagte Erekat mit Blick auf die Schaffung eines Palästinenserstaates und einen Siedlungsstopp im Westjordanland. Wenn Netanjahu aber "sein Spiel weiterspielt", würden auf palästinensischer Seite "große, große Entscheidungen" getroffen.

Die Sicherheitskooperation sieht den Austausch von Geheimdiensterkenntnissen vor und wird von Israel als zentral betrachtet, um die radikalislamische Hamas-Bewegung im Westjordanland unter Kontrolle zu halten. Die Einstellung der Sicherheitskooperation käme der Auflösung der palästinensischen Autonomiebehörde von Abbas gleich, die infolge des Oslo-Abkommens 1994 als Selbstverwaltungsbehörde der Palästinenser eingerichtet worden war.

Angespannte Lage

Seit Anfang Oktober ist die Lage in Israel und im Westjordanland äußerst angespannt. Palästinenser verübten dutzende Attacken auf Israelis, zumeist mit Stichwaffen, aber auch mit Autos oder Schusswaffen. 17 Israelis und ein US-Bürger wurden bei diesen Angriffen getötet. Auf palästinensischer Seite wurden mehr als 90 Menschen getötet, darunter zahlreiche Angreifer.

Auf die Frage, ob er die palästinensischen Angriffe verurteile, sagte Erekat: "Ich verurteile diejenigen, die Hoffnungen zerstören. Ich verurteile diejenigen, die sich für Siedlungen und das Diktat entschieden haben statt für Frieden und Verhandlungen." Der frühere palästinensische Chefunterhändler unterstrich, dass er die Tötung von Zivilisten nicht billige, seien es Israelis oder Palästinenser. "Ich bin ein Mann des Friedens", sagte er. "Ich will Frieden schließen. Ich erkenne das Existenzrecht Israels an." (APA, 24.11.2015)