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Der zerstörte Bus der Präsidentengarde im Zentrum von Tunis.

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Polizisten im Einsatz in der Nähe des Tatorts eines Bombenanschlags in Tunis.

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Tunis/Madrid – Es waren Bilder des Schreckens, die am Dienstagnachmittag die Avenue Mohamed V in Tunis bot. Ein Selbstmordattentäter war kurz nach 17 Uhr in einen Bus der Präsidentengarde gestiegen und hatte sich in die Luft gesprengt. Zwölf Soldaten kamen ums Leben, 20 Personen, unter ihnen vier Zivilisten, wurden zum Teil schwer verletzt. Am Mittwoch fand die Polizei in dem Wrack Reste einer weiteren Leiche. "Es könnte sich um den Selbstmordattentäter handeln", erklärte Gesundheitsminister Said Aidi. Das Innenministerium wollte das nicht bestätigen.

Staatspräsident Beji Caïd Essebsi verkündete den Ausnahmezustand für mindestens 30 Tage und verhängte über den Großraum Tunis eine Ausgangssperre von 21 Uhr bis fünf Uhr in der Früh. Der Staatschef, der seinen Schweiz-Besuch absagte, versuchte die Bevölkerung zu beruhigen: "Ich will dem tunesischen Volk versichern, dass wir den Terrorismus besiegen werden."

Erst vor zwei Wochen hatte die Regierung eine Terrorwarnung ausgegeben und die Polizeipräsenz in Städten und Touristengebieten verstärkt. Nach dem Anschlag vom Dienstag wurden überall in der Hauptstadt Straßensperren errichtet. Der hauptstädtische Flughafen darf nur noch von Reisenden betreten werden. Auch auf den Fähr- und Handelshäfen des Landes wurden die Kontrollen verstärkt.

Anschlagsserie 2015

Es war der erste schwere Anschlag in der tunesischen Hauptstadt, seit im März ein bewaffnetes Kommando das Bardo Museum überfiel. Dabei kamen 21 Touristen und ein Polizist ums Leben. Im Juni drangen Bewaffnete in ein Hotel im Badeort Sousse ein und erschossen 38 Touristen. Seither bleibt der Tourismus vielerorts aus, über 70 Hotels haben den Betrieb eingestellt. Zu beiden Anschlägen bekannten sich Gruppen des "Islamischen Staates" (IS) – am Mittwochnachmittag dann auch zur Attacke auf den Militärbus, die Behörden hatten bereits in die gleiche Richtung ermittelt. Der Anschlag wurde dem Innenministerium zufolge mit zehn Kilogramm militärischem Sprengstoff ausgeführt. Die Bombe sei entweder in einem Rucksack oder durch einen Sprengstoffgürtel zur Explosion gebracht worden.

Die mächtige Gewerkschaft UGTT setzte alle Arbeitskämpfe und Demonstrationen aus. "Die Terroristen haben keinerlei politisches Projekt. Sie wollen Angst verbreiten, damit niemand mehr ein normales Leben führen kann", sagte Moncef Marzouki, der bei der Präsidentenwahl im vergangenen Winter Essebsi unterlegen war. Auch Rachid Ghannouchi, Chef der oppositionellen islamistischen Ennahda-Partei, verurteilte den Anschlag scharf: "Tunesien ist größer als das, was die Terroristen glauben machen wollen. Ihr Versuch der Sabotage wird keinen Erfolg haben, dank der Geschlossenheit unseres Volkes und des Mutes der Sicherheitskräfte."

Tunesiens Polizei, Gendarmerie und Armee sind seit Jahren im Einsatz gegen bewaffnete radikale Gruppen. Vor allem in den Grenzgebieten zu Algerien und Libyen kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit islamistischen Kommandos. Dabei verloren schon dutzende Polizisten und Soldaten ihr Leben.

Tunesien ist mit rund 3000 meist jungen Rekrutierten das Land, das die meisten ausländischen Kämpfer in den Reihen des IS in Syrien, dem Irak und Libyen stellt. Rund 300 von ihnen sollen, so Schätzungen der Sicherheitsbehörden, zurückgekommen sein.

In den letzten Monaten wurden die Grenzkontrollen verstärkt. Tunesiens Verteidigungsministerium lässt derzeit von einem US-amerikanischen Unternehmen für über 30 Millionen Euro Kampfflugzeuge und Hubschrauber modernisieren. (Reiner Wandler, 25.11.2015)