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Der Papst am Weg nach Afrika
Foto: L'Osservatore Romano/Pool Photo via AP

Nairobi/Kampala/Bangui/Wien – Die Sache ist heikel. Nicht nur, weil die Afrikareise, die Papst Franziskus am Mittwoch begonnen hat, von Sicherheitsbedenken begleitet wird, sondern auch, weil er zwischen Gläubigen mit sehr unterschiedlichen Erwartungshaltungen vermitteln muss. Unter vielen Christen in Kenia und Uganda gilt die katholische Lehrmeinung als zu kompromissbereit. Sie wird von evangelikalen Gruppen, vor allem aus den USA, bedrängt. Nicht nur in Zentralafrika, wo Franziskus am Sonntag und Montag seine Reise abschließt, muss er aber auch als Vermittler zwischen teils schwer zerstrittenen Religion fungieren. Ein Überblick.

Kenia

Mittwoch bis Freitag

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Trotz gelegentlicher Kritik sind viele Kenianer stolz auf den Besuch des Papstes in ihrem Land.
Foto: APA / AFP / Jennifer Huxta

Die rund 23 Prozent der Bevölkerung, die in Kenia der katholischen Kirche angehören, stehen in ihrer Mehrheit eher rechts des aktuellen Papstes. Ihre Vertreter sind auch in Kenia unter Druck der wachsenden evangelikalen Gemeinden. Diese stellen unter den etwa 50 Prozent der Kenianer, die protestantischen Gruppen angehören, mittlerweile fast schon die Mehrheit. Im Hintergrund stehen Übereinstimmungen in gesellschaftlichen Fragen, etwa bei der Ablehnung homosexueller Beziehungen. Aber auch, dass viele die aus den USA stammenden Evangelikalen den gemäßigteren Anglikanern vorziehen, weil sie Letztere mit der einstigen Kolonialmacht Großbritannien assoziieren.

Als Kitt zwischen den ethnischen Gruppen im Land hat die Religion oft eine eher verbindende Rolle gespielt. Sie birgt aber auch Konfliktpotenzial: Vor allem Kenias Muslime, die etwa zehn Prozent der Bevölkerung ausmachen und hauptsächlich in der östlichen Küstenregion leben, fühlen sich bedrängt und diskriminiert. Sie verweisen auf die Konversionsraten: Etwa 70.000 Christen entstammen laut einer aktuellen Erhebung muslimischen Familien.

Angst vor Gewalt

Es wächst allerdings auch die Sorge vor islamistischer Gewalt: 1998 war Nairobi eine der beiden afrikanischen Städte, in denen Al-Kaida Selbstmordanschläge auf die US-Botschaft verübte. An der Küste gibt es teils gewalttätige islamische Separatisten. Und nach dem kenianischen Militärengagement in Somalia hat die Islamistenmiliz Al-Shabaab zahlreiche Anschläge verübt.

Kenias Sicherheitskräfte reagierten mit Einsätzen in somalischen Flüchtlingslagern, die von der Uno als unverhältnismäßig kritisiert werden. Papst Franziskus will sich in Nairobi auch mit Vertretern der islamischen Gemeinden treffen.

Uganda

Freitag bis Sonntag

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Der anglikanische Schrein für "Ugandas Märtyrer" etwas außerhalb der Hauptstadt Kampala. Auch Frankziskus will ihrer gedenken.
Foto: AP / Stephen Wandera

Auch wenn das Land als eine der Wiegen katholischer Heiligenverehrung in Afrika gilt – der Besuch in Uganda wird für Papst Franziskus nicht einfach. Das liegt nicht nur an dem komplizierten historischen Umgang des Landes mit religiösen Einflüssen seiner Kolonialisten, sondern auch an der Gegenwart. Zwar bekennen sich rund 42 Prozent der Ugander zum katholischen Glauben – der Einfluss evangelikaler Gruppen droht aber nicht nur die (anglikanische) ugandische Kirche, sondern auch die katholischen Lehrmeinungen rechts zu überholen.

Vor allem Gruppen aus den USA haben sich rund um Präsident Yoweri Museveni in den vergangenen Jahren Einfluss gesichert, der sich auch in den äußerst umstrittenen Strafen für "homosexuelle Handlungen" niederschlug. Bei der Durchsetzung half dabei auch der Versuch, mehr Toleranz als "unafrikanisch" darzustellen.

Nützliche Intoleranz

Das widerspricht zwar der historischen Wahrheit, entsprechende Gesetze konnten so trotzdem auf antikolonialen Haltungen aufbauen. Dennoch werden am Samstag rund zwei Millionen Menschen zu einer Messe erwartet, die der Papst nahe jener Stelle abhalten will, an der ein regionaler König aus Angst vor dem damals neuen Einfluss des Christentums 1885 und 1887 zahlreiche Christen ermorden ließ – die "Ugandischen Märtyrer".

Der Legende entgegen weisen Mitglieder der islamischen Gemeinden Ugandas (rund zwölf Prozent der Bevölkerung) darauf hin, dass König Mwanga damals auch Muslime hinrichten ließ. Dass diese vergessen werden, sehen sie als ein Beispiel für ihre eigene Marginalisierung. Zuletzt hat sich die Stimmung verschärft, vor allem seit die somalische Islamistenmiliz Al-Shabaab als Reaktion auf Ugandas Einsatz in Somalia mehrere blutige Attentate im Land verübt hat. Papst Franziskus will vermitteln.

Zentralafrikanische Republik

Sonntag und Montag

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In der Zentralafrikanischen Republik ist auch der Besuch eines Flüchtlingslagers geplant.
Foto: APA / EPA

Dass einmal ausgerechnet der Glaube für Tod und Zerstörung in der Zentralafrikanischen Republik sorgen würde – das hätte vor wenigen Jahren noch niemand gedacht. Lange Zeit lebten die rund 80 Prozent Christen (50 Prozent Protestanten, 30 Prozent Katholiken) friedlich Tür an Tür mit den etwa 15 Prozent Muslimen. Doch dann brach im Dezember 2012 der Krieg aus. Dass die teils von Nachbarstaaten unterstützten Rebellen der Séléka großteils aus muslimischen Kämpfern bestanden, galt anfangs noch als Randnotiz.

Spätestens nach der Absetzung von Präsident François Bozizé durch Séléka-Chef Michel Djotodia wendete sich das Blatt. In mehreren Landesteilen formierten sich Widerstandsgruppen, die sich auf die Zugehörigkeit zum Christentum beriefen.

Glaubensgemisch

Ihr Name Anti-Balaka (gegen die Kugeln der Kalaschnikow – Balles-AK) verweist aber auch auf den animistischen Glauben, durch das Tragen von Amuletten vor Schussverletzungen geschützt zu sein. Beide Seiten griffen Zivilisten an und orientierten sich dabei an deren Religionszugehörigkeit. Insgesamt starben mindestens 5.000 Menschen, mehr als 200.000 flüchteten.

Vertreter der organisierten Religionen haben mehrfach zur Ruhe aufgerufen, viele Priester und Imame boten zudem Zivilisten Zuflucht oder halfen ihnen bei der Flucht. Die Reise des Papstes in das Land ist mit besonderen Sicherheitsbedenken verbunden, auch wegen der schwachen bis inexistenten Strukturen des Staates. Franziskus will am Samstag und Sonntag dennoch auf eine angeblich bestellte weiße Kugelschutzweste verzichten, ebenso auf die Panzerung des Papamobils. (Manuel Escher, 25.11.2015)