Die Grünen führen derzeit etwa zehn Verfahren wegen Hasspostings in sozialen Medien, berichtete Mediensprecher Dieter Brosz am Mittwoch im Gespräch mit Journalisten. Vor rund einem Monat hatte man eine schärfere Gangart gegen Hetze im Netz angekündigt. Medienanwältin Maria Windhager will dabei ganz konkrete "Fallkonstellationen" ausjudiziert sehen, aber auch aufklären.

Neue Qualität an Hass

Das Phänomen der beleidigenden und herabwürdigenden, unwahren oder manipulierten Postings vor allem auf Facebook habe eine völlig neue Qualität, so die Juristin: Dass "ganz unverhohlen gehetzt wird und geschimpft wird, das ist im Social-Media-Mainstream angelangt". Doch die User hätten wenig Bewusstsein dafür, was im rechtlichen Rahmen sei. "Ich glaube, dass die Leute wirklich wahnsinnig blauäugig sind", und umgekehrt sei auch Opfern von solchen Postings nicht bewusst, dass sie sich wehren könnten.

Medienrechtlich handle es sich zumeist "um eindeutige Rechtsverstöße", und die Frage nach der Identität der Poster – Stichwort: Klarnamen-Debatte – stelle sich zumeist nicht: "Die Leute präsentieren sich" regelrecht, und im Regelfall sei es ein Leichtes, eine "ladungsfähige Adresse" herauszufinden, erklärte Windhager. Auch die Sanktionsinstrumente im Medienrecht wie etwa "Beschlagnahme" sowie Urteilsveröffentlichungen funktionierten grundsätzlich gut.

Neue Situation für Gerichte

Dennoch, die Mechanismen der sozialen Medien (Windhager: "Der ganze Schmarrn verbreitet sich binnen Minuten") seien für die Gerichte neu. Und den meisten Usern sei schlicht nicht bewusst, dass man als Betreiber etwa einer Facebook-Seite Medieninhaber und inhaltlich dafür verantwortlich ist – und auch für Postings anderer haftet. Als problematisch beschrieben Brosz und Windhager die Rolle der Unternehmen (also Facebook oder Twitter), zu denen man in Österreich kaum Zugang finde. Facebook halte sich auch nicht an seine eigenen Richtlinien bzw. erkenne gemeldete Verstöße dagegen nicht an, so Brosz.

Mehrere Möglichkeiten

Vor Gericht gibt es etwa die Möglichkeit einer Privatanklage gegen Poster wegen übler Nachrede bzw. Beschimpfung, die in einer strafrechtlichen Verurteilung enden kann, außerdem – wenn der Täter auch Medieninhaber war – die Instrumente des Medienrechts. Darüber hinaus sind Zivilverfahren (Ehrenbeleidigung, Kreditschädigung) mit Unterlassungsklagen möglich. Wenn Fotos der Attackierten verwendet werden, kann zudem die Verletzung berechtigter Interessen geltend gemacht werden, was die Zuerkennung von immateriellem Schadenersatz bedeuten kann.

Für karitative Zwecke

Schadenersatz, der im Rahmen der von den Grünen angestrengten Verfahren zuerkannt wird, kommt karitativen Zwecken zugute, betonte Brosz am Mittwoch. Nach der ersten Ankündigung vor rund einem Monat habe man übrigens deutliche Reaktionen registriert, viele sei vom Netz genommen worden – doch dieser Erfolg sei nur "kurzfristig" gewesen. Zuletzt sei wieder ein "Wust" an Beschimpfungen und "frei erfundenen Zitaten" etwa von Bundessprecherin Eva Glawischnig aufgetaucht.

Vieles davon verorten die Grünen zumindest im FPÖ-Umfeld. Direkt gegen FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sei man auch vorgegangen, weil dieser einen Tweet der Grünen Kommunikationschefin Karin Strobl manipuliert und in einem falschen Kontext gepostet habe, was "wüste Beschimpfungen" gegen sie auf Straches Facebook-Seite zur Folge hatte. (APA, 25.11.2015)