Pianistinnen-Duo Gvantsa (li.) und Khatia Buniatishvili.

Foto: Musikverein

Wien – Waren es glücklichere Zeiten, als es noch keine Tonträger und keine mediale Dauerbeschallung gab? Jedenfalls musste sich, wer Musik hören wollte, im 19. Jahrhundert entweder ins Konzert begeben oder selbst Hand anlegen: So entstanden aus Opern, Kammermusik oder Orchesterwerken unzählige Bearbeitungen für Klavier zu zwei oder vier Händen, um bestimmte Werke überhaupt kennenzulernen – meist mit klarem Qualitätsunterschied zu Originalkompositionen. Das Programm von Khatia und Gvantsa Buniatishvili im Musikverein für vier Hände an einem und zwei Klavieren machte diesen Unterschied nicht. Vielmehr stellten die Schwestern – die eine auch als Solistin weltberühmt, die andere ihre regelmäßige Kammermusikpartnerin – Bearbeitung und Original munter nebeneinander, wie man es auch im vorvergangenen Jahrhundert gemacht hätte.

Ineinander verzahnte Virtuosität

Im Brahms-Saal boten sechs der Ungarischen Tänze von Johannes Brahms als einziges vierhändiges Original denn auch die rundeste, ausgeglichenste Performance – neben einer unglücklich gesetzten Bearbeitung von Mozarts Zauberflöte-Ouvertüre von Jan Brandts-Buys und der wesentlich geschickteren Fassung von Franz Liszts zweiter Ungarischer Rhapsodie von Franz Bendel: Die Buniatishvilis zeigten hier wie den ganzen Abend über stürmisches, temperamentvolles Musizieren, dessen schönste Qualität im Miteinander bestand: im gemeinsamen Atmen, in traumwandlerisch sicheren Einsätzen und atemberaubend ineinander verzahnter Virtuosität.

Dass insbesondere Khatia dabei auch einmal über die Stränge und auf das Klavier schlug, als gälte es, eine große Halle zu bespielen, störte relativ wenig. Dass die Fantasie für zwei Klaviere über Porgy und Bess allerdings im Programmheft wie ein Werk von George Gershwin geführt wurde, wurde dadurch entkräftet, dass die Paraphrase doch eine Vielzahl gershwinfremder Töne enthielt. Maurice Ravels La Valse in des Komponisten Fassung für zwei Klaviere war dafür ein Vergnügen von orchestraler Fülle, die Zugabe, Astor Piazzollas Libertango, ein durch und durch schlüssiger Kehraus – vielleicht auch deshalb, weil seine vierhändige Fassung von den beiden Pianistinnen selbst, halb improvisiert, erarbeitet wurde. (Daniel Ender, 25.11.2015)