Renate Brauner: "Ein Nulldefizit, das für 2016 geplant war, wird sich nicht ausgehen."

STANDARD: Der Stabilitätspakt sieht vor, dass das Wiener Budget bis 2016 ausgeglichen wird. In Ihrem Voranschlag werden aber weiter Schulden gemacht. Wie kann sich das ausgehen?

Brauner: Klar ist: Ein Nulldefizit, das für 2016 geplant war, wird sich nicht ausgehen, es macht aber auch keinen Sinn. Denn als der Stabilitätspakt beschlossen wurde, ist man noch davon ausgegangen, dass die Wirtschaft wieder wächst, und damit hätte die Intervention des Staates immer kleiner werden können. Das ist nicht passiert. Unsere politische Linie ist und bleibt, antizyklisch zu investieren. Die EU hat reagiert und das strukturelle Defizit eingeführt. Ist die Konjunktur schlecht, gibt es einen größeren finanziellen Spielraum für die öffentliche Hand. Daher erlaubt die EU auch 2016 eine neue Verschuldung.

STANDARD: Wie hoch wird die Neuverschuldung Wiens sein?

Brauner: Wir haben ein Budget mit 346 Millionen Abgang vorgelegt. Durch einen strengeren Budgetvollzug ist es uns aber auch in den vergangenen Jahren gelungen, beim Rechnungsabschluss noch deutlich besser abzuschneiden. Wir bekennen uns zur Konsolidierung, aber es ist uns auch klar, dass die Herausforderungen größer werden. Wien wächst, und wir wollen die Investitionen und die Qualität der Serviceleistungen hoch halten.

STANDARD: Im Budgetvoranschlag sind 2,9 Milliarden Euro an Investitionen der Stadt vorgesehen. Wohin fließt das Geld?

Brauner: Ein großes Projekt ist das Krankenhaus Wien Nord. Auch sehr groß: die Sanierung der U4 und der U-Bahn-Ausbau in den Süden. Vieles wird in den Wohnbau gehen. Eine finanzielle Herausforderung ist der Bau und Ausbau von Schulen und Kindergärten.

STANDARD: Wien fordert seit Jahren Lockerungen des Stabilitätspakts. Viel hat sich bisher nicht getan.

Brauner: Unsere Forderung ist, dass Wachstum initiierende Investitionen wie in Forschung und Infrastruktur aus den Maastricht-Kriterien herausgerechnet werden sollen. Das ist aber nicht in Österreich alleine veränderbar, sondern es braucht dafür eine europaweite Regelung, für die es immer mehr Verbündete in Europa gibt. Unrealistisch ist aber, dass das bereits Auswirkungen auf das Budget 2016 hat.

STANDARD: Die Ausgaben der Stadt haben sich im Vergleich zum Vorjahr um 580 Millionen erhöht. Die Einnahmen bleiben etwa gleich.

Brauner: Wir haben weiterhin starke Einnahmenverluste durch die Wirtschaftkrise. 2016 wird es sogar so sein, dass der Anteil der gemeinschaftlichen Bundesabgaben, die Wien im Zuge des Finanzausgleichs bekommt, niedriger sein wird als im Vorjahr. Das ist in meiner Zeit einmalig.

STANDARD: Inwieweit wird der geplante Ausstieg aus den Frankenkrediten zu Buche schlagen?

Brauner: Wien hat gesetzlich festgelegt, dass wir keine Fremdwährungskredite mehr aufnehmen. Das ist verbunden mit der Verpflichtung, eine Strategie zu erarbeiten, wie ein Ausstieg abläuft. Diese werden wir in den nächsten Wochen präsentieren. (Oona Kroisleitner, 25.11.2015)