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Japan will den Konsum ankurbeln.

Foto: AP / Katsumi Kasahara

Japan is back! Das verkündete Japans Premierminister Shinzo Abe bei seiner Rede vor dem US-Think Tank CISIS in Washington im Februar 2013. Damals war der Nikkei – seit Abes Ankündigung einer Politik des billigen Geldes im Oktober 2012 – von 8870 auf 14.800 Punkte gestiegen. In Japan wird der Stand des Aktienindex als wesentlicher Indikator für den Zustand der Wirtschaft betrachtet. Manche erinnern sich noch an die Zeit, als der Nikkei bei 38.000 Punkten stand und Japan davon träumte, die USA als Wirtschaftsmacht zu überholen.

Das ist Schnee von gestern – oder doch nicht? Denn Abe möchte das vergreisende Japan nach 20 Jahren Katzenjammer mit China und den USA auf die gleiche Höhe heben. Dass Japan aus demographischen Gründen kein großes Wirtschaftswachstum haben könne, behaupten Abe und seinen Beratern zufolge nur Schwarzseher wie der frühere Gouverneur der Bank of Japan Masaaki Shirakawa, der deshalb auch aus dem Amt gedrängt wurde.

Wenn diese Schwarzseherei in der Bevölkerung erst überwunden ist, so glaubte Abe wohl, ist der neue Aufstieg Japans nicht aufzuhalten. Das Mittel dazu: Ein Inflationsziel, das die Menschen heute zum Konsum verleitet, weil morgen alles um zwei Prozent teurer ist.

Natürlich waren auch ein paar Wirtschaftsreformen notwendig. Abes Bild von den drei unzerbrechlichen Pfeilen, die Japan stark machen sollten, waren Geldpolitik, Steuerpolitik und Strukturreformen. Aber nur die Geldpolitik des neuen Zentralbankgouverneurs Haruhiko Kuroda war ein Volltreffer. Sie löste mit der von der Bank of Japan betriebenen Abwertung des Yen eine Aktienhaussee aus und die Exportfirmen fuhren Rekordgewinne ein. Vor allem auf die Strukturreformen wartet die Wirtschaft vergeblich.

Der durch die Verbilligung des Yen erreichte Aufschwung ist bis heute aber ein geteilter Erfolg. Die Exportfirmen machen glänzende Geschäfte, aber sie erhöhten die Löhne nur minimal und legen das Geld lieber auf die Bank. Die Aktiengewinne schlagen sich in Rekordverkäufen ausländischer Luxusautos nieder und lassen die Immobilienpreise steigen.

Derweil sinkt die Konsumbereitschaft der Japaner, weil die Löhne der Normalverdiener nur wenig steigen, während die Zahl der billigen Teilzeitkräfte zunimmt. In keinem OECD-Land ist die Armut von alleinerziehenden Müttern größer als in Japan. Umfragen zeigen, dass die Japaner nicht an den Erfolg von Abenomics glauben. Von Juli bis September schrumpfte die Wirtschaft zudem um ein halbes Prozent aufs Jahr hochgerechnet.

Neue strategische Pfeile

Als Abe im September in seinem Amt als Parteivorsitzender der LDP bestätigt wurde, sagte er, die Wirtschaft sei nahe dabei, die Deflation zu überwinden. Die Mittel dazu seien seine drei neuen wirtschaftspolitischen Pfeile: Stärkung der Wirtschaft – was immer das heißen mag, Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate und zur Verbesserung des Sozialsystems. Auf diese Weise soll das Bruttosozialprodukt auf 600 Billionen Yen, also um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr, steigen. Japan werde dann die stärkste Wirtschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben.

In einem ersten Schritt wurde ein Nachtragshaushalt in der Höhe von 24,5 Mrd. Dollar (22,8 Mrd. Euro) verabschiedet. Die Regierung tut, was sie seit dem Platzen der Bubbles immer getan hat. Sie finanziert mit Staatsgeldern die Wirtschaft. Sie hat einen intelligenten Trick gefunden, dies ohne zusätzliche Staatsschulden tun zu können: Sie lässt die Zentralbank die Schulden aufkaufen. Das Geld bleibt so in der Familie und Japans Aufstieg ist gesichert. War da was mit Strukturreformen? Ach was. Man muss nur an den Aufschwung glauben, dann kommt er auch. (Siegfried Knittel, Portfolio, 2.12.2015)