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Smog über der Stadt Krakau Anfang November.

APA/EPA/JACEK BEDNARCZYK

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Ein Fahrradfahrer mit einer Anti-Smog-Maske in Krakau.

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Krakau gilt als schönste Stadt Polens. Wie ein Magnet zieht die südpolnische Kulturmetropole jedes Jahr hunderttausende Touristen an. Dabei kämpfen die Einwohner mit einem massiven Problem: Im Winter ist die Luft in Krakau zum Schneiden dick. Früher war es die Lenin-Hütte in Nowa Huta, deren gelbe Schwefelschwaden über Krakau lasteten und das Atem erschwerten. Heute sind es der Hausbrand in den Kohleöfen und die Auspuffabgase, die regelmäßig für Smogwarnungen in Krakau sorgen. Kein Wunder, dass die Krakauer an Klimapolitik ein besonders großes Interesse haben.

Andrzej Duda, Polens neuer rechtsnationaler Präsident, legte allerdings im Oktober sein Veto gegen ein Gesetz ein, mit dem Polen das Kioto-Protokoll und die weitere Absenkung des Kohlendioxid-Ausstoßes bis 2020 verlängert hätte. Zuvor hatte Jaroslaw Kaczynski, der Parteichef der rechtsnationalen Recht und Gerechtigkeit (PiS), die Unterschrift der bisherigen liberal-konservativen Regierung unter das EU-Klimapaket von 2014 kritisiert. "Wir hätten dem nicht zustimmen sollen", sagte er in der Kohlekraftwerk-Stadt Konin. "Man hätte ein Veto einlegen können."

Höhere Kompensationszahlungen

Wenig später konkretisierte Polens neuer Europaminister Konrad Szymanski, dass mit der neuen polnischen Regierung der Preis für Zugeständnisse Polens zur EU-Klimapolitik gestiegen sei. Polens Unternehmen müssten für das EU-Klima-Paket – 40 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2030, gerechnet ab 1990, höhere Energieeffizienz und einen Anteil von 40 Prozent an erneuerbaren Energien am gesamten Energiemix – höhere Kompensationszahlungen erhalten.

Derweil wird in Krakau immer öfter "SOS Smog-Alarm" ausgerufen. Mit den winterlichen Temperaturen hat die Heizperiode begonnen. Noch immer heizt ein großer Teil der Krakauer mit Kohle, Koks, Holz und billigem Kohlegranulat. Viele stecken alles in den Ofen, was irgendwie brennt: Haushaltsabfälle, Lumpen, alte Möbel, leere Plastikflaschen. Doch während die einen die "dicke Luft", das Keuchen und Husten, die Asthmaanfälle bei immer mehr Kindern als unabänderlich hinnehmen, kämpfen andere in Bürgerinitiativen wie "Krakauer Smog-Alarm", "Stopp dem Krakauer Smog" oder "Luft für Krakau" für mehr Lebensqualität.

Zweithöchste Schadstoffdichte in der EU

Seit 2012 warnt die Bürgerinitiative "Krakauer Smog-Alarm" immer wieder vor den krebserregenden Staubpartikeln, die die Krakauer mit jedem Atemzug im Winter in ihre Lungen pumpen. Nach Bulgarien ist Polen dasjenige Land in der EU, das die höchste Schadstoffdichte in der Luft aufweist. Allein unter den ersten zehn von insgesamt 365 untersuchten EU-Städten sind sechs polnische mit extremer Luftverschmutzung: Krakau und Nowy Sacz (Neu Sandez) in Südpolen sowie Gliwice (Gleiwitz), Zabrze (Hindenburg), Sosnowiec (Sosnowitz) und Katowice (Kattowitz) im oberschlesischen Kohlerevier.

Die größten Dreckschleudern sind neben den Kohlekraftwerken vor allem die Millionen Kohleöfen, in denen billiges Brennmaterial wie Kohlestaub oder -granulat aus Kohleschlamm verbrannt wird. Auf Drängen der Initiative "Krakauer Smog-Alarm" verabschiedete 2013 das Wojewodschaftsparlament von Kleinpolen ein Gesetz, das in Krakau und den umliegenden Orten Kohleöfen und das Verbrennen von Kohlegranulat und Müll in Hausöfen verbot. Die alten Öfen sollten durch Gasheizungen oder den Anschluss an die Fernheizung ersetzte werden. Jeder konnte einen finanziellen Zuschuss für die Umrüstung beantragen.

Das Beispiel hätte Schule machen können für eine von den Bürgern initiierte Klimapolitik, die allen zugute kommt. Doch das Wojewodschafts-Verwaltungsgericht in Krakau hob das Gesetz wieder auf. Die Themen Heizmaterial, Luftreinheit und Klimapolitik fielen angeblich nicht in den Kompetenzbereich des Regionalparlaments. Dies müsse Warschau entscheiden.

Kohle als "absolut grundlegender Energierohstoff"

In Warschau aber interessiert sich kaum ein Politiker für die verdreckte Luft in Krakau und die Atemprobleme der Menschen dort. Auf dem Energie-Klima-Treffen des Nationalen Entwicklungsrats erklärte Präsident Duda vielmehr: "Kohle ist unser absolut grundlegender Energierohstoff." Polen habe noch für die nächsten 200 Jahre Kohle in der Erde liegen. Sie garantiere Polens Energiesouveränität. Es sei daher nicht einzusehen, warum das Land auf den günstigen Brennstoff verzichten sollte. Die EU steuere auf ein Scheitern hin, wenn sie an den bisherigen Klimazielen festhielte, zumal Länder wie China, Russland, die USA, Brasilien und Indien kaum etwas unternähmen, um ihren CO2-Ausstoß radikal zu beschränken, so Duda.

Auf dem gleichen Treffen suggerierte der Energieexperte der regierenden PiS, Piotr Naimski, gar, dass Polen beim Klimagipfel in Paris kein neues globales Klimaabkommen unterzeichnen solle. Dies käme einem Scheitern des Gipfels gleich. Noch aber hat Polens neue Regierung offiziell keine "Vetowarnung" für Paris ausgegeben. (Gabriele Lesser aus Warschau, 1.12.2015)