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Modellrechnungen zufolge muss man am Persischen Golf mehrmals pro Jahrzehnt mit schwerwiegenden Hitzewellen rechnen.

Foto: AP/Gustavo Ferrari

Temperaturen von 34 Grad Celsius erreichte das Wasser des Persischen Golfs im Sommer 2015. Die sehr feuchte bodennahe Luftschicht, die sich über der warmen Meeresoberfläche bildete, erwärmte sich weiter, als sie über die Golfstaaten zog. Die Hitzewelle mit 46 Grad Lufttemperatur und 50 Prozent Luftfeuchte lag an der Grenze dessen, was der menschliche Organismus verkraftet. Und laut einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) kann man damit rechnen, dass in den Golfstaaten eine kritische Grenze künftig immer wieder überschritten wird.

Dabei können Menschen eine Temperatur von 45 Grad eigentlich problemlos vertragen. "Der Körper kühlt sich dabei durch Verdunstung", erklärt Christoph Schär vom Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich im Standard-Gespräch. "Auf diese Weise wird die metabolische Wärme des Organismus abgeführt." Wird die Luftfeuchte zu hoch, erfolgt aber kaum noch Verdunstung. Der Körper überhitzt, er wird in einen Fieberzustand versetzt. Die drückende Schwüle setzt dem Organismus eine physikalische Grenze.

Gründe für die Erwärmung

Bisher glaubte man, dass diese Gefahr erst in hunderten Jahren relevant würde. Jeremy Pal und Elfatih Eltahir vom MIT widersprechen aber. Ihrer Modellrechnung zufolge muss man am Persischen Golf – zumindest im Szenario eines ungebremsten Klimawandels – mehrmals pro Jahrzehnt mit derart schwerwiegenden Hitzewellen rechnen. Keine gute Nachricht für Dubai, Kuwait, Saudi-Arabien und den Iran.

Doch wie kommt es dazu, dass sich der Persische Golf so stark erwärmt? Ozeane erwärmen sich langsamer als Landoberflächen, weil sie die ankommende Energie der Sonne auf eine große Tiefe verteilen, erklärt Schär, der die MIT-Studie im renommierten Fachjournal Nature Climate Change kommentiert hat. Der Persische Golf ist jedoch kaum 40 Meter tief. Die Energie wird in einem relativ kleinen Volumen verteilt, und das Gewässer erwärmt sich deutlich schneller als etwa der Indische Ozean.

Würde das in den Alpen passieren, entstünde sofort ein Gewitter. Am Persischen Golf verhindern Abwärtsbewegungen in der Atmosphäre aber die Wolkenbildung. Stattdessen wird die Feuchte an das angrenzende Land transportiert. Schär will mit seinem Team künftig genauer untersuchen, wie das Gewicht des Wassers in der Luft die Atmosphärenphysik verändert und diese gefährlichen Seebrisen zustande kommen.

Die kollabierte Dynastie

Die Folgen der Hitzewellen sind schwer abzuschätzen. Stefan Rahmstorf, Klimaforscher an der Universität Potsdam, bringt in der Frankfurter Rundschau den Klimawandel sogar mit dem aktuellen Konflikt in Syrien in Verbindung. Laut Schär sei ein solcher Zusammenhang nicht ausschließbar, im Moment aber nur schwer zu beweisen.

Allerdings geben historische Beispiele zu zivilisatorischen Auswirkungen von Klimaphänomenen zu denken. Der Kollaps der Tang-Dynastie im zehnten Jahrhundert werde etwa mit einer Dürreperiode in Verbindung gebracht, so Schär. Genauso wie der Niedergang der Maya-Zivilisation im neunten und zehnten Jahrhundert, die wahrscheinlich eine Folge dreier Dürreperioden von jeweils zehn bis 20 Jahren war. (Alois Pumhösel, 30.11.2015)