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Verkehrsfrei und angezuckert wünschen sich die Olympia Peking im Winter 2022. Aktuell ist es zumindest im Umland der Metropole so.

APA/AFP/Defour

Hunderte Fotografen machten sich auf den Weg, als sich die neue Lenkungsgruppe für die Winterspiele 2022 in Peking unter Vizepremier Zhang Gaoli konstituierte. Der siebenjährige Countdown geht los. Staatschef Xi Jinping gab der Gruppe als Schirmherr der Spiele angesichts des bevorstehenden Klimagipfels in Paris die Weisung mit auf den Weg, "fantastische, außerordentliche und exzellente" Spiele vorzubereiten. Sie müssen "so sauber und rein wie Eis und Schnee" sein, dazu auch noch "grün".

Die Fotografen interessierten sich nicht für die Reden der Politiker. Sie schwärmten in die über Nacht weiß gewordene Region aus und knipsten Peking im Schnee. Eine seit Mitte November plötzlich eingesetzte Kältewelle bescherte Nordchina das, was dort im Winter immer fehlt und Pekings Bewerbung für Olympia 2022 zum Gespött der Welt machte: Schnee in Überfluss.

Chefmeteorologe Huang Shan jiang von Zhangjaikou, dem 180 Kilometer von Peking entfernten künftigen Hauptaustragungsort für die meisten Schneesportarten, sagte der Nachrichtenagentur Xinhua, dass es seit 1965 nicht mehr so viel in der Region geschneit hätte und zehnmal mehr als im Durchschnitt aller Jahre zuvor.

Auf den olympischen Yunding-Pisten in Chongli lag der Pulverschnee diese Woche 39 Zentimeter hoch. Das könnte mit dem diesjährigen, ungewöhnlich starken El Niño zu tun haben.

Für Peking ist mehr Schneefall jedenfalls eine positive Nachricht. Die neue zentrale Arbeitsgruppe soll alle Vorbereitungen und Planungen für die drei weit aus einanderliegenden Wintersportstätten koordinieren.Wenn es dann noch 2022 schneit, ist das umso besser. Denn es gibt genug andere Probleme.

Gigantischer Aufwand

Das für alle Eissportarten nominierte Peking muss mit Zhangjiakou und dem 60 Kilometer entfernten, für alpine Abfahrtsläufe gedachten Gebirgsstädtchen Yanqing über insgesamt mehr als 200 Kilometer Distanzen durch neugebaute Hochgeschwindigkeitsbahnen verbunden werden. In fünf Jahren sollen sie fertig sein und garantieren, dass die Athleten innert 50 Minuten zu jedem Einsatz kommen.

Der infrastrukturelle Aufwand ist gigantisch und entsprechend teuer.

IOC im Dilemma

Dass das neuerdings so umwelt- und kostenbewusste Internationale Olympische Komitee (IOC) im Zeichen des Klimawandels solche Umbaupläne und ihre Karbonspuren abnickte, liegt an mindestens drei Gründen.

Außer Almaty bewarb sich keine andere Stadt für 2022.

Staatschef Xi versprach IOC-Chef Thomas Bach, Chinas derzeit rund 30 Millionen Fans des Wintersports bis 2022 auf 300 Millionen Eis- und Schnee-Enthusiasten zu verzehnfachen und einen enormen Markt zu schaffen.

Den Ausschlag gab aber, dass Chinas Führung behauptete, sie hätte die Infrastruktur auch ohne die Spiele ausgebaut, weil sie eine neue nordchinesische Superhauptstadtzone Peking-Tianjin-Hebei errichten will.

Eins, zwei, drei, viele Milliarden

Das passt. Für Chinas IOC-Bewerbung konnten die Kosten zur Verkehrserschließung für Bahn-, Straßen- und Telekommunikationsausbau und die noch teurere Luft- und Wasserverbesserung als Kosten der Regionalerschließung aus Pekings bescheidenem Etat für die Spiele herausgerechnet werden.

Offiziell kosten Pekings Spiele nur rund drei Milliarden Dollar – inoffiziell eine zweistellige Milliardensumme.

Künftig werden noch mehr Positionen herausgerechnet werden. Die Arbeitsgruppe identifizierte 35 Schwerpunkte und 600 Aufgaben, vom Schanzen- und Eiskanalbau bis hin zu neuen Hotels und zur Frage, was nachnutzbar ist.

Peking so blau

Peking hat keine Wintersporterfahrungen. Bis auf eine Handvoll Skiressorts müssen alle Einrichtungen neu gebaut oder wie in der Hauptstadt selbst auf Grundlage der aus 2008 stammenden Arenen für die Sommerspiele umgerüstet werden.

Die Planer haben einen Slogan geschaffen, um die Spiele umweltfreundlich vermarkten zu können. "Dongao-lan" – oder Winterolympiade-Blau.

Chefingenieur Yu Jianhua vom Pekinger Umweltamt sagte, dass bis 2022 dafür die Smogwerte in Peking und Nordchina um 45 Prozent unter die von 2012 gesenkt werden müssen.

Potemkin'sches Luftschloss

Bisher hatte Peking zweimal die umweltfreundliche "Blauphase" ausgerufen, zuerst für die Asien-Pazifik-Konferenz im Vorjahr und dann für die Armeeparade im September.

Dafür mussten tagelang die Hälfte aller Pkws in Peking und Umgebung stillgelegt und mehr als zehntausend Fabriken und Baustellen geschlossen werden.

Das soll auch künftig geschehen, um saubere Luft und ein Potemkin’sches Blau für 2022 zu sichern. (Johnny Erling, 2.12.2015)