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An Haustiere Dosenfutter verfüttern ist ziemlich klimaschädlich. Und die Katze bevorzugt auch Frischfleisch.

Foto: Reuters

Wenn Johanna R. (Name der Redaktion bekannt) am Morgen eine Dose Tierfutter öffnet, um die hungrig schnurrende Katze zu besänftigen, verstößt sie gleich gegen eine ganze Reihe von "Klimaschutz-Regeln".

Nicht nur, dass Katzen Frischfleisch bevorzugen – auch dem Klimaschutz dient es, wenn man dem Haustier ein Stück klein geschnittenes Truthahnfleisch serviert. Neben Tiefkühlkost oder der marokkanischen Erdbeere im Winter gehören Fleisch- und andere Konserven zu den Lebensmitteln, die besonders viel Emissionen entstehen lassen: bei Produktion, Transport, Lagerung.

Pflanzenkost wäre besser

Außerdem müsste Johanna R. ihr fleischfressendes Haustier auf Pflanzenkost umpolen, wollte sie wirklich klimaschützerisch unterwegs sein – ein Ding der Unmöglichkeit. Denn pflanzliche Lebensmittel haben nur ein Zehntel des Treibhausgas-Potenzials von tierischer Nahrung, weiß man im Umweltministerium. Ausnahme: Reis im Nassanbau, da entsteht das besonders klimaschädliche Treibhausgas Methan.

Das teure Fleisch aus dem Bioladen, das auch die Katze bevorzugt, wäre klimaschutztechnisch die beste Wahl. Mit Bio-Lebensmitteln, noch dazu regional produziert, kann man gegenüber konventionellen Lebensmitteln bis zu 35 Prozent der Treibhausgase einsparen. Und wenn schon tierische Lebensmittel, dann besser Schweinefleisch und Geflügel. Rinder sind nämlich besondere Klima-Schweine, da sie als Wiederkäuer bei der Verdauung Methan produzieren.

Dusche statt Badewanne

Laut Ögut, der Gesellschaft für Umwelt und Technik, werden bei der Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch 6,5 Kilogramm Kohlendioxid (CO2) freigesetzt – ein Kilo Obst (regional und saisonal) aber verursacht nur ein halbes Kilo.

Doch zurück zu Johanna R. Anstatt ein Wannenbad zu nehmen, hat sie geduscht, was nicht nur schneller geht, sondern auch das Klima weniger belastet. Die Dusche kostet laut diversen CO2-Zählern im Internet 2,3 Kilo des Treibhausgases. Die elektrische Zahnbürste 72 Gramm. Recht wenig, aber Kleinvieh macht auch Mist. Stand-by-Schalter sollten deshalb abgedreht, Stecker gezogen, Glühbirnen auf neue Sparlampen ausgetauscht und neue Elektrogeräte mit niedrigem Energieverbrauch gekauft werden.

Energieaufwändiges Alu

Johanna R. jedoch hat sich eine dieser Kaffeemaschinen zugelegt, bei denen man nur noch eine Alukapsel, die im Inneren Kaffee enthält, einwerfen muss. Einfach, praktisch – und ökologisch gar nicht korrekt. Kaum ein Material ist in der Herstellung so energieaufwendig wie Aluminium – und sollte aus Vernunfts-, Umwelt- und Klimaschutzgründen eigentlich nicht bei Einwegartikeln verwendet werden. Um ihr schlechtes Gewissen zu besänftigen, werden die Kapseln brav in den Metall-Sammelbehältern entsorgt, zusammen mit den unzähligen Katzenfutterdosen.

Das Recycling von Metallgebinde verbessert die Energiebilanz deutlich, ist aber – wie häufig beim Klimaschutz – nur zweite Wahl. Denn um den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern, wäre es am besten, gewisse Dinge erst gar nicht zu tun. Leider nur steht dies häufig dem persönlichen Lifestyle oder der Bequemlichkeit entgegen:mit großen Autos in der Stadt herumkutschieren. Für einen vorweihnachtlichen Shoppingtrip nach New York düsen. Sich unzählige T-Shirts kaufen, obwohl man bereits unzählige davon besitzt. Aus kleinen Plastikflaschen Wasser trinken. Fleisch essen.

Mobilität ist der Pferdefuß

Die Mobilität ist der Pferdefuß des westlichen Menschen, so auch von Johanna R. Zwar kann sie viele Wege zu Fuß erledigen, was übers Jahr ihre CO2-Bilanz ordentlich drückt. Zwar bevorzugt sie öffentliche städtische Verkehrsmittel, wann immer es geht, und fährt auch an und wann mit dem Zug. Aber ein, zwei Flug-Urlaubsreisen im Jahr müssen schon sein – und ein paar Dienstreisen auch. Flugreisen sind besonders klimaschädlich, weil die Emissionen direkt in höhere Atmosphärenschichten gelangen und dadurch einen stärkeren Treibhauseffekt als Emissionen in Bodennähe auslösen.

Eine Art Ablasshandel

Also gibt es dafür eine Art "Ablasshandel", wie viele kritisch anmerken. Ein Instrument, das das Gewissen beruhigen soll und mit dem man sich von der Verantwortung für sein Tun freikaufen kann. Ein Beispiel, genommen vom CO2-Rechner der Climate Austria, mit dem auch die Austrian Airlines zusammenarbeiten:

Bei einer Flugreise Wien-Hamburg-Wien, gesamte Flugdistanz 1526 Kilometer, entstehen pro Kopf 0,208 Tonnen CO2. Diese kann an mit 5,21 Euro kompensieren werden. Das ist lächerlich wenig; trotzdem dürfte die Nachfrage nicht rasend sein, wie man bei der Kommunalkredit Public Consulting, die den Rechner betreibt, ungern zugibt. Über den Daumen gepeilt sind es unter fünf Prozent der Online-Flugkunden. Auch Johanna R. hat für ihre Reisen nie auch nur einen Kompensationseuro springen lassen.

Grundsätzlich ist die Idee nicht schlecht. Mit dem Geld werden Klimaschutzprojekte gefördert. Denn um eine Tonne CO2 einzusparen, ist die Errichtung von sechs Quadratmetern Solarkollektoren oder die Einsparung von 370 Liter Heizöl notwendig.

Nord-Süd-Gefälle beim CO2-Verbrauch

"Wir sind alle an Bord der Titanic, auch wenn manche Erste Klasse reisen", heißt es in dem Atlas der Globalisierung/Klima von Le Monde diplomatique. Johanna R. ist definitiv eine Erste-Klasse-Passagierin. Laut verschiedenen Statistiken, die teilweise recht variieren, kommt sie als Einwohnerin Österreichs auf knapp zehn Tonnen CO2 im Jahr. Trotz aller Unsicherheiten, die solchen Statistiken innewohnen: Die Zahl widerspiegelt das typische Nord-Süd-Gefälle in dieser Welt: Bewohner der reichen Erdölstaaten wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten kommen auf locker das Doppelte. Ein Bewohner Indiens auf nicht einmal 1,5. Die Höhe des CO2-Verbrauchs sagt viel über die Lebensumstände aus, da der Wert mit dem Energieverbrauch korreliert.

Johanna R. denkt sich nichts dabei, wenn sie im Winter im kurzärmeligen T-Shirt im Wohn-zimmer herumsitzt. Sie schätzt das Leben mit Wäschetrockner (sehr klimaschädlich!) und hält Skikanonen für – na ja, fast normal. Sie kauft ultraflache Bildschirme, die einen enormen Stromverbrauch haben und so groß sind, dass man sie kaum durch die Eingangtür bringt. Eine Säule des Klimaschutzes ist sie nicht. (ruz, 29.11.2015)