In ihrer traumhaften Unberührtheit scheinen die bizarren Eiswelten des Nordpols davor gefeit zu sein, von Mensch und dessen Wahnwitz bedroht zu sein. Misstrauet der Idylle.

Aufschlagseite aus Sebastian Copelands "Arctica", fotografiert von Heidi Seywald

Ich möchte ein Eisbär sein / am kalten Polar / dann müsste ich nicht mehr schreien / alles wär so klar", sang Anfang der 1980er-Jahre die Schweizer Neue-Deutsche-Welle-Band Grauzone zu sphärischem Industrial Sound. Schnitt! Zurück ins Heute. "Nichts kommt dem Besuch eines anderen Planeten näher als eine Reise zu den Polen. Alles an ihnen ist exotisch. Sie sind gigantische Wüsten, in denen die rauen Umweltbedingungen eine natürliche Auslese verfügt haben, die den Menschen ausschließt. In der Arktis können wir, trotz fortlaufender gegenteiliger Bemühungen, die Natur nicht beugen, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Außer zu überleben ist uns dort bislang nichts gelungen."

Sebastian Copeland engagiert sich als Fotograf, Autor und Polarforscher seit Jahren für den Umweltschutz. Er verfolgt das hehre Ziel, sich vor der arktischen Wunderwelt zu verneigen und unser Bewusstsein auf ihre bedrohliche Lage zu lenken. Arctica, sein neuer Bildband, lenkt, entgegen üblichen Usancen, die Aufmerksamkeit auf die Verletzlichkeit und alarmierende Bedrohung des fragilen Ökosystems, mittels Zeigens der bizarren Schönheit. Seine Hoffnung besteht darin, den "Menschen zu helfen, sich in ihre Welt zu verlieben, damit sie sich mehr darum kümmern, sie zu schützen". Schnitt. Schlussklappe: zurück zur Grauzone. Nun, über drei Jahrzehnte nach der Erstfassung, muss man aufgrund der Zukunftsperspektive den Refrain wohl umdichten: "Ich möchte kein Eisbär sein." (Gregor Auenhammer, Album, 27.11.2015)