Man kann sich sicher sein: Was immer bei den jetzt beginnenden Klimagesprächen in Paris herauskommt: Es wird als Erfolg vermeldet werden. Denn die Politik wälzt derzeit komplexe und gefährliche Problemfelder vor sich her: Ukraine-Krieg, Flüchtlingsproblematik, der ausufernde Konflikt in Syrien. Zumindest im Kampf gegen die Erderwärmung sollen da positive Ergebnisse präsentiert werden können. Das Gastgeberland Frankreich hat den Erfolg der Konferenz zu einer Angelegenheit des nationalen Prestiges gemacht. Und US-Präsident Barack Obama und der chinesische Präsident Xi Jinping wollen auch einen Abschluss.

Doch ob ein gefeiertes Klimaschutzabkommen, das am Ende dieser rund zwei Wochen stehen wird, das Papier wert ist, auf dem es steht, ist fraglich. Der seit einiger Zeit zu beobachtende Trend zur "Freiwilligkeit" bei der internationalen Klimaschutzpolitik kann sich in den Folgejahren als Pferdefuß erweisen. Denn dann gäbe es auch keine völkerrechtlichen Überprüfungsmechanismen zu den nationalen Angaben zum Treibhausgasausstoß. Auch käme es zu keinen Sanktionsmöglichkeiten, wenn Staaten die Vorgaben einfach ignorieren. Schnell wäre der internationale Klimaschutz ein Fähnchen im Wind, das in den Ländern der Tagespolitik geopfert werden kann.

Doch war rückblickend auch das auslaufende Kioto-Protokoll von 1997 nicht das Gelbe vom Ei. Es erwies sich über weite Strecken als unwirksam. Zwar war es ein Vertrag, der erstmals völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen in den Industrieländern vorgab. Doch wurden diese Vorgaben vielfach gar nicht umgesetzt – etwa durch die USA – oder erst Jahre später ratifiziert, wie von Russland.

Da ist es doch besser, wenn in der Klimadiplomatie auf Freiwilligkeit gesetzt wird, argumentieren viele Beobachter. Dass nun 183 Staaten bis zur Eröffnung der Pariser Konferenz nationale Klimaschutzpläne vorgelegt haben, ist ein "fundamentaler Fortschritt", lobte prompt UN-Klimachefin Christiana Figueres.

Doch zeichnen diese freiwilligen Zusagen kein ausreichendes Bild für die Klimaschutzpolitik der Zukunft, muss auch Figueres zugeben. Zusammengerechnet sind die Vorgaben nicht genügend ambitioniert, um die Erderwärmung auf einem akzeptablen Niveau zu stabilisieren. Dieses liegt bekannterweise bei zwei Grad Celsius plus.

Pessimisten könnten also argwöhnen, die Länder – die EU tritt übrigens als ein Vertragsstaat auf – hätten in ihren freiwilligen Programmen das angeführt, was sie sowieso umzusetzen gedenken. Auf der Optimismusseite steht, dass viele Staaten emissionsfreie Technologien forcieren wollen. Diese sollen schnell billig werden, sodass es sich nicht mehr lohnt, Kohle abzubauen oder Erdöl zu fördern. Diese Staaten erwarten sich davon weniger Schadstoffe in der Luft und niedrigere Ausgaben für die Importe fossiler Brennstoffe.

So gesehen wird ein Erfolg von Paris vor allem daran zu messen sein, wie sehr die internationale Staatengemeinschaft bereit ist, Geld für die technologische Weiterentwicklung bestehender und künftiger klimaschonender Energieformen in die Hand zu nehmen. Wenn in Paris eine Win-win-Situation geschaffen werden kann, ist allen gedient – vor allem dem globalen Klima. (Johanna Ruzicka, 30.11.2015)