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In einem offenen Brief kritisieren 96 Wissenschafter die aktuelle EU-Bewertung von Glyphosat.

Foto: reuters/charles platiau

Der Streit um das auch in Österreich eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat spitzt sich zu. 96 internationale Forscher kritisieren in einem offenen Brief an EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis, dass die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) den Stoff kürzlich als "wahrscheinlich nicht krebserregend" eingestuft hat, berichtete die "Süddeutsche Zeitung".

Auch gegen das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erhoben die Wissenschafter schwere Vorwürfe. Die Analyse der Behörde sowie die darauf aufbauende Bewertung der Efsa enthielten schwerwiegende Mängel, schrieben die Forscher dem Bericht zufolge. Sie seien in Teilen "wissenschaftlich unakzeptabel", und die Ergebnisse seien "durch die vorliegenden Daten nicht gedeckt". In dem Schreiben fordern die Wissenschafter demnach die EU-Kommission auf, bei ihren Entscheidungen "die fehlerhafte Bewertung der Efsa nicht zu beachten".

Seit längerem umstritten

Die Risiken des weltweit meistverkauften Pestizids sind umstritten, seit die Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation den Wirkstoff im Frühjahr als "wahrscheinlich krebserregend für Menschen" bewertet hat. Auch Umweltschützer halten den Stoff für hochgiftig und fordern seit Jahren ein Verbot von Glyphosat.

Koordinator des offenen Briefs der Wissenschafter ist dem Bericht zufolge der Krebsforscher Christopher Portier, Ex-Direktor des US National Toxicology Program, einer Einrichtung der US-Regierung zur Chemikalienprüfung.

Offener Brief

Unter den 96 Unterzeichnern sind dem Bericht zufolge anerkannte Wissenschafter, die für renommierte Organisationen arbeiten, etwa die Deutsche Forschungsgesellschaft, das Krebsforschungszentrum Heidelberg, die Leibniz-Gesellschaft, das italienische Collegium Ramazzini sowie Universitäten in den USA, Australien und Japan. Die Forscher aus 25 Ländern weisen demnach ausdrücklich darauf hin, dass sie für sich selbst sprechen, nicht für ihre Institutionen. Der offene Brief soll am Dienstag in Brüssel übergeben werden.

Die Zulassung für Glyphosat in der EU läuft im kommenden Sommer aus, für die Hersteller geht es um Milliardenumsätze. Für eine neue Genehmigung müssen die Risiken des Unkrautvernichters neu bewertet werden. Ob das Mittel weiter eingesetzt werden kann, entscheidet dann die EU-Kommission. Sie stützt sich dabei auf das Urteil der Efsa und des Bundesinstituts für Risikobewertung. Dieses wies die Vorwürfe der 96 Forscher nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" zurück. (APA, 30.11.2015)