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Irrtum.

Foto: APA/AP/Meissner

Hamburg/Berlin – An den Bürgern von Kiel lag es nicht. Auch sie waren stimmberechtigt, sollten dort doch bei Olympia 2024 – wie schon 1972 – die Segelbewerbe stattfinden. 65,5 Prozent der Kieler sagten Ja zu Olympia, doch das konnte das Spektakel nicht retten. Die Hamburger Gegner waren stärker, somit lautete das Ergebnis: 51,6 Prozent kontra Olympia.

Während Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) noch nüchtern konstatierte, dies sei "eine Entscheidung, die wir uns nicht gewünscht haben", twitterte Handballstar Steffen Kretschmar seinen Frust weniger zurückhaltend: "Hamburg, meine Perle, vor die Säue geworfen. Das Tor zur olympischen (Sport-)Welt für immer geschlossen." Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte Bedauern, und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte: "Es ist schade. Olympia in Hamburg wäre eine tolle Chance gewesen."

Und so waren am Montag allerhand Appelle zu hören, jetzt doch dieses Nein einmal gründlich zu analysieren. Denn es war selbst für den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) überraschend gekommen. "Wir waren auf dieses Szenario bis zum heutigen Tag nicht vorbereitet", räumte DOSB-Präsident Alfons Hörmann ein. Im Gegenteil, lange hatten sich die Hamburger gegenüber Olympischen Sommerspielen 2024 recht aufgeschlossen gezeigt, die Befürworter lagen in Umfragen vorn.

In Berlin hingegen, wo man sich auch um die Austragung 2024 bewerben wollte, war die Skepsis größer gewesen. Doch Berlin kam dann nicht zum Zug, weil sich der DOSB im Februar für das Hamburger Konzept entschieden hatte.

Flüchtlinge, Terror, Skandale

"Die Bürger haben erkannt, dass das Internationale Olympische Komitee keine Stadtplanung macht", freute sich hingegen Katja Sudmann von den Hamburger Linken. Doch lokale Gründe allein waren nicht ausschlaggebend für die Ablehnung.

Vielmehr – da sind sich die meisten Beteiligten einig – dürfte auch Unbehagen bezüglich der Flüchtlingskrise, Angst vor Terroranschlägen und die diversen Skandale im Sport (Fifa, Deutscher Fußballbund – Stichwort gekauftes Sommermärchen 2006) eine Rolle gespielt haben. Es ist binnen dreier Jahre die zweite Olympia-Pleite von Befürwortern der Spiele. 2012 hatten sich die Münchner gegen eine Bewerbung für den Winter 2022 ausgesprochen.

Die Hamburger Abstimmung gleiche einem "Dolchstoß für die Entwicklung des Hochleistungs- und Breitensports unterhalb des Fußballs in Deutschland", bedauert der Präsident des Deutschen Volleyball-Verbandes, Thomas Krohne. Olympische Spiele in Deutschland werden "für eine Generation lang kein Thema mehr sein", sagt der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Clemens Prokop.

Auch Dagmar Freitag (SPD), Chefin des Sportausschusses des Bundestags, sieht keine Chancen für eine baldige neue Bewerbung: "Möglicherweise sitzen wir eher alle als Rentner im Sessel, bevor darüber überhaupt wieder nachgedacht wird." Im Rennen für Olympia 2024 sind nun noch Paris, Rom, Los Angeles und Budapest. Das IOC entscheidet 2017. (Birgit Baumann, 30.11.2015)