Moskau/Ankara/Washington – Nach dem Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs hat der russische Präsident Wladimir Putin der Türkei Komplizenschaft mit der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) vorgeworfen. Mit dem Abschuss des Jets habe die Türkei den Ölhandel des IS sichern wollen, sagte Putin laut der Nachrichtenagentur AFP am Rand der Klimakonferenz in Paris.

Die Türkei wies die Vorwürfe scharf zurück. Präsident Recep Tayyip Erdoğan sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu, sollte Russland dafür Beweise vorlegen können, würde er von seinem Amt zurücktreten.

Erdoğan legt Putin Rücktritt nahe

"Ich würde nicht in diesem Amt bleiben", erklärte Erdoğan am Montagabend. "Die Würde unseres Volkes" würde diesen Schritt in einem solchen Fall erfordern. Zugleich legte Erdoğan Putin den Rücktritt nahe, sollte Russland für die Anschuldigungen keine Belege vorbringen können. "Ich frage den verehrten Putin: Würdest du in diesem Amt bleiben?"

Auch der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu kritisierte die "grundlosen Anschuldigungen". Durch die russische Haltung sich aus dem Syrien-Konflikt "jetzt leider eine Krise zwischen der Türkei und Russland entwickelt".

Sicherung der Öllieferrouten

Putin selbst hatte erklärt: "Wir haben jeden Grund zu glauben, dass die Entscheidung zum Abschuss unseres Flugzeugs von dem Willen bestimmt war, die Öllieferrouten zum türkischen Territorium zu sichern." Öl aus IS-Gebieten komme "auf industrielle Weise" Richtung Türkei. Erdoğan entgegnete, die Türkei beziehe Öl und Gas lediglich aus legalen Quellen wie Russland.

Obama: "Gemeinsamer Feind IS"

US-Präsident Barack Obama rief indes beide Seiten zur Beilegung ihres Streits auf. Alle müssten sich auf den Kampf gegen den IS konzentrieren, forderte Obama am Dienstag nach einem Treffen mit Erdoğan in Paris.

"Wir haben darüber beraten, wie die Türkei und Russland zusammenarbeiten können, um die Spannungen zu entschärfen und einen diplomatischen Weg zur Lösung dieser Angelegenheit zu finden", sagte Obama nach dem Treffen. "Ich habe Herrn Erdoğan gesagt: Wir haben alle einen gemeinsamen Feind, das ist der IS. Und ich will sicherstellen, dass wir uns auf diese Gefahr konzentrieren." Obama betonte zugleich: "Ich will es sehr deutlich sagen: Die Türkei ist ein Nato-Verbündeter." Sie habe das Recht, "sich, ihren Luftraum und ihr Territorium zu verteidigen". (APA, 1.12.2015)