Jasmine Rinnofner baut das menschliche Herz mithilfe eines Chips nach.

Foto: Rinnofner

Die Entwicklung neuer Medikamente kann zehn, 15 Jahre dauern. Auf jahrelange Tests in Zellkulturen und Tiermodellen folgt die klinische Phase mit der Erprobung am Menschen. Wenn erst spät erkannt wird, dass die Wirksamkeit nicht ausreicht oder unerwünschte Nebenwirkungen auftreten, können Jahre der Forschung umsonst gewesen sein.

Die Technologie, an der Jasmine Rinnofner forscht, erlaubt es, dass Medikamente schon frühzeitig besser getestet werden können, um die Entwicklungszeit zu verkürzen. Die Studentin des Masterstudiengangs Molecular Biotechnology an der FH Campus Wien arbeitet zurzeit im Rahmen eines Auslandsemester an der University of Washington in Seattle an der Entwicklung sogenannter Tissue Chips. Das sind dreidimensionale Gewebemodelle, die menschliche Organe imitieren, um so schneller genauere Vorhersagen über die Wirkungsweisen von Medikamenten treffen zu können.

"In den zündholzschachtelgroßen Chips hat man viele Möglichkeiten, die Reaktionen komplexer Gewebe auf mechanische oder chemische Reize zu testen. Man kann so bereits in präklinischen Tests In-vivo-Situationen besser nachahmen", erklärt die 1988 geborene Kärntnerin. Rinnofner widmet sich mit ihrem Team einer derartigen Plattform, die das Herz imitiert. Dafür werden patientenspezifische induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC), also reprogrammierte menschliche Zellen, in einer aus einem Schweineherz stammenden extrazellulären Matrix – dem Gewebe zwischen den Zellen – eingebettet und zu Herzzellen herangezogen.

Den Reifegrad der Zellen richtig hinzubekommen sei schwierig, sagt die Biotechnologin, genauso wie das Einstellen anderer biochemischer Abläufe im Gewebe. Die Forscherin hat sich etwa damit beschäftigt, wie der elektrische Reiz bei einem Herzschlag zwischen den Zellen weitergeleitet wird.

"Das Coole dabei ist, dass man die Medikamentenentwicklung mit dieser Technik personalisieren kann. Jeder reagiert anders", sagt Rinnofner. "In den derzeitigen klinischen Studien ist es wichtig, verschiedene Populationen hineinzubringen. Die genetischen Unterschiede kann man in Zukunft dann schon früher berücksichtigen." Allerdings: "Die Forschung steht noch ziemlich am Anfang. Es wird noch einige Jahre dauern, bis das ausgereift ist." Dann könne man mit Rinnofners Chip etwa überprüfen, ob und bei welcher genetischen Ausstattung ein potenzieller Wirkstoff kardiotoxisch ist, also das Herz schädigt.

Die im Mölltal aufgewachsene Studentin hat ihre bisherigen Studien auf einige Hochschulen aufgeteilt: Biologie an der Uni Salzburg, Biomedizinische Analytik an der FH Salzburg, Auslandsaufenthalte in Boston und Neuseeland. Nach Seattle verhalf ihr ein Exzellenzauslandsstipendium der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer Kärnten.

Die praktische Ausrichtung und das Kennenlernen neuer Orte seien bestimmende Faktoren ihrer Laufbahn. Das Interesse an medizinischen Wirkstoffen habe dabei schon als Kleinkind bestanden, als sie die Gesundheitsbücher ihrer Mutter durchforstete. In Seattle gefällt ihr, dass fast wie im Mölltal die Berge vor der Tür sind. Nach knapp einem Jahr in den USA vermisst sie aber nicht nur die heimatlichen Berge, sondern auch "a gescheite Brettljausen". (Alois Pumhösel, 6.12.2015)