Das Helm-Knabenkraut ist eine einheimische Orchideenart.

Foto: Karl Georg Bernhardt

Für viele Leute gehören Orchideen zu dem Schönsten, was das Pflanzenreich zu bieten hat. Sehr auffällige Vertreter findet man hierzulande allerdings nur in Blumenhandlungen, denn ihre größte Vielfalt erreicht die Familie in den Tropen und Subtropen. Zu den rund 60 einheimischen Arten, die auch hübsch, aber deutlich kleiner und bescheidener sind, gehört das Helm-Knabenkraut, wissenschaftlich Orchis militaris.

Die bis zu 50 Zentimeter hohen, bei uns streng geschützten Pflanzen sind von Nordspanien und Südengland bis Zentralasien verbreitet. Sie wachsen auf naturnahen Wiesen, Halbtrockenrasen sowie in lichten Wäldern und Gebüschen, sind mitunter auch an Straßenrändern anzutreffen. Besonders häufig sind sie an den Hochwasserschutzwällen der Donau und in den angrenzenden Wiesen zu finden. Dort blühen sie von Anfang Mai bis Mitte Juni in ährenförmigen Blütenständen, die von zehn bis 50 Einzelblüten gebildet werden. Diese sind weißlich-rosa, daumennagelgroß und zeichnen sich an der Oberseite durch eine Verwachsung der Hüllblätter aus, die einem Helm ähnelt und der Art den Namen gab.

Der wissenschaftliche Gattungsname Orchis, der für die ganze Familie der Orchideen Pate stand, ist übrigens griechisch für "Hoden". Denen sehen nämlich die unterirdischen paarigen Speicherknollen ähnlich, die für alle Knabenkräuter – auch dieser Name bezieht sich auf die eiförmigen Pflanzenorgane – charakteristisch sind. Diese wurden denn auch in der Volksmedizin früherer Zeiten als Aphrodisiakum verabreicht oder als Mittel, um Söhne zu gebären. Diesbezüglich wirken sie nicht, wohl aber wird die in ihnen enthaltene Stärke im Vorderen Orient, unter anderem in der Türkei, für die Erzeugung von Eis verwendet.

Drei Jahre unter der Erde

Das Helm-Knabenkraut überdauert in Form dieser Knollen nicht nur den Winter: Es kann bis zu drei Jahre im Boden verbringen, ehe es das erste Mal oberirdisch in Erscheinung tritt und in der Folge blüht. Da es das relativ spät in der Vegetationsperiode tut, spielen die Umweltbedingungen eine große Rolle: Wenn es starke Kälteeinbrüche – unter minus drei Grad – im April oder Mai gibt, nehmen die Pflanzen den schon gebildeten Blütenansatz zurück, wenn es dann auch noch regnet, sterben sie oft überhaupt ab. Wenn jedoch alles gutgeht, wird das Helm-Knabenkraut von Hummeln bestäubt, danach entwickeln sich ab Mitte Juli kleine Fruchtkapseln, die Tausende winziger Samen enthalten. Der Vorteil ihrer kleinen Größe: Sie können leicht durch den Wind verbreitet werden. Der Nachteil: Sie enthalten keinerlei Nährgewebe für den Embryo und sind nach der Keimung auf eine Symbiose mit Pilzen angewiesen, die sie mit Nährstoffen versorgen. Danach dauert es oft eine ganze Weile, bis es zur Bildung einer oberirdischen Orchidee kommt.

Antonia Ettwein vom Institut für Botanik der Wiener Universität für Bodenkultur hat das Helm-Knabenkraut in den Tullnerfelder Donauauen in ihrer Masterarbeit untersucht, wobei sie sich nicht nur mit den Orchideen selbst beschäftigte, sondern vor allem mit der Frage, ob Wildschweine deren Bestand negativ beeinflussen. Auch diese interessieren sich nicht für die hübschen oberirdischen Pflanzen, sondern für ihre stärkehaltigen unterirdischen Teile: Vor allem im Winter graben sie diese gerne aus und fressen sie.

Um herauszufinden, ob und inwieweit dieses Verhalten das Wohlergehen von Orchis militaris beeinträchtigt, untersuchte Ettwein jeweils 50 einen Quadratmeter große Flächen mit Wildschweineinfluss und 50 ohne. Wie sich herausstellte, wirken sich die Wühler zwar negativ auf die Fitness erwachsener Exemplare des Helm-Knabenkrautes aus, bewirken jedoch gleichzeitig, dass junge Pflanzen schneller wachsen. Wie kann das gehen? "Bei vielen Pflanzenarten können junge Individuen sich nur dann etablieren, wenn erwachsene absterben", sagt Ettwein. "Außerdem stellen die Wildschweinwühlstellen kleine Lichtungen dar, auf denen mehr Licht zur Verfügung steht."

Für die endgültige Klärung der Frage ist noch einige Forschung nötig, schon jetzt aber steht fest: Die untersuchte Population des Helm-Knabenkrauts in den Tullnerfelder Donauauen ist durch die Wildschweine – zumindest derzeit – nicht gefährdet. (Susanne Strnadl, 6.12.2015)