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Der saudische Außenminister Adel al-Jubeir mit seinem US-Kollegen John Kerry Ende Oktober in Riad.

Foto: Carlo Allegri/Pool Photo via AP

Riad/Wien – Die in Wien etablierte "International Syria Support Group" (ISSG) muss, bevor sie einen politischen Übergangsprozess in Syrien auf Schiene bringen kann, klären, wer denn überhaupt an diesem Prozess teilnehmen darf: wer "Terrorist" und wer "Opposition" ist im syrischen Kriegstheater. Es liegt auf der Hand, dass die beiden Kategorien wie kommunizierende Gefäße funktionieren: Sinkt die Zahl der "Terroristen", steigt jene der Politiker, und umgekehrt.

Jordanien hat die Aufgabe übernommen, die Terroristenliste zu erstellen, Saudi-Arabien bereitet ein erstes Treffen ausgewählter Oppositioneller vor. Hieß es zuvor, dass am 15. Dezember in Riad eine erste Runde stattfinden soll, so ist nun das Datum wieder ungewiss; es könnte aber sogar schon früher sein, meldete am Dienstag Reuters mit Bezug auf Asharq al-Awsat.

Ausgewählte Gesprächspartner

Die Quelle für die Information ist die Syrian National Coalition (SNC) – die wichtigste, aber immer wieder von Streitereien heimgesuchte und von Diplomaten als notorisch schwach eingeschätzte Dachorganisation der syrischen Opposition im Ausland.

Dieser zufolge hätten die Saudis 65 Oppositionsvertreter eingeladen, 20 von der SNC, sieben vom National Coordination Body (NCB), der größten internen syrischen Organisation, 20 bis 25 Unabhängige und Vertreter der Zivilgesellschaft und zehn bis 15 Rebellenführer, das heißt kämpfende Opposition.

Wer steht wo?

Die Kurden – die wichtigste Gruppe davon ist die der türkisch-kurdischen PKK nahestehende YPG – sollen unter dem Dach des NCB nach Riad kommen.

Spannend wird, welche Rebellen auf der "guten" Liste stehen. Die Ausgangslage der "Syria Talks" in Wien zeigte ja nur einen Konsens auf: Inakzeptabel sind der "Islamische Staat" (IS) und die Nusra-Front, die zu Al-Kaida gehört.

Appell an Nusra-Front

Als irritierend wurde von manchen Beobachtern der Appell des SNC-Chefs Khaled Khoja an die Nusra-Front empfunden, sich von Al-Kaida loszusagen: Würde es also genügen, dass radikaljihadistische Akteure – die nie auch nur den geringsten demokratischen Ansatz für Syrien erkennen ließen – vor dem Beginn des politischen Prozesses noch schnell einen Kurswechsel hinlegen?

Tatsächlich soll das auch der jordanische Ansatz dafür sein, wer auf die Terroristenliste kommt: wer den politischen Prozess zurückweist.

Heikle Bewertungen

Es gibt einige Gruppen, wo die Meinungen im ISSG stark geteilt sind, auf welche Seite sie fallen sollen: Da geht es vor allem um die etwa 20.000 Mann starken "Ahrar al-Sham", die in der Provinz Idlib und bei Aleppo eine wichtige Rolle spielen. Sie werden von der Türkei und Saudi-Arabien unterstützt; für andere sind sie ideologisch inakzeptabel.

Der saudische Außenminister Adel al-Jubeir wollte sich während des Besuchs von Außenminister Sebastian Kurz in Riad vorige Woche nicht dazu äußern, ob ein Vertreter eingeladen werde. Ähnlich umstritten ist "Jaish al-Islam", dessen Führer Zahran Alloush ein hartgesottener Islamist ist. (Gudrun Harrer, 2.12.2015)