Freeriderin Sandra Lahnsteiner in einem Mantel von Acne Studios, Hose Isa Arfen, Schuhe Michael Cors Collection, fotografiert von Christoph Pirnbacher.

Foto: Christoph Pirnbacher

Flo Orley trägt einen Mantel von Zegna, einen Rolli von Jil Sander und eine Hose von Etro, Lorraine Huber in einem Ledermantel von Burberry Prorsum und einem Kleid von Sonia Rykiel, Sandra Lahnsteiner in einem Trenchcoat von Jil Sander und einer Hose von Michael Kors Collection und Matthias Haunholder in einem Steppmantel von Ute Ploier, einem Pulli von Michael Kors und einer Hose von Missoni (v.l.).
Sämtliche Teppiche in dieser Fotostrecke stammen von Rahimi & Rahimi.

Foto: Christoph Pirnbacher
Foto: Christoph Pirnbacher

Sandra Lahnsteiner "Man geht an seine Leistungsgrenzen"

STANDARD: Was ist der Reiz am Freeriden?

Sandra Lahnsteiner: Für mich ist es die natürlichste Art des Skifahrens. Ich bin Rennen gefahren, habe als Skilehrerin gearbeitet, aber dann meine Liebe zum Tiefschneefahren entdeckt. Beim Freeriden muss man viele Elemente berücksichtigen, das Wetter, die Schneelage, den Berg. Mein Ziel war immer in Skifilmen mitzufahren.

STANDARD: Das Gefahrenpotenzial beim Freeriden ist enorm.

Lahnsteiner: Auch die Formel 1 ist gefährlich. Bei unserem Sport darf man den Blick aufs Ganze nicht verlieren, muss die Felsformationen studieren, die Lawinenlage kennen, über das Wetter informiert sein. Man geht an seine Leistungsgrenzen, die Grenzen, die die Natur zieht, sollte man aber nicht aus den Augen verlieren.

STANDARD: Freerider gibt es erst seit einigen Jahren ...

Lahnsteiner: ... früher nannte man sie Variantenfahrer. In Amerika, später in den Westalpen, fasste man Tiefschneefahrer unter dem Begriff Freerider zusammen. Mit dem Namen kam der Hype und ein von der Industrie vermarkteter Lifestyle.

STANDARD: Jede Sportart hat ihre modischen Eigenheiten. Wie ist das bei Freeridern?

Lahnsteiner: Sie tragen oft poppigere Farben als Skitourengeher, skandinavische Outdoormarken sind sehr beliebt. Zumindest war das vor ein paar Jahren so. Heute sehe ich kaum mehr Unterschiede.

Sandra Lahnsteiner (35) lebt in Salzburg, seit 2008 ist sie hauptberuflich Freeriderin. www.sandralahnsteiner.com Auf unserem Bild sieht man Sandra Lahnsteiner in einem mit Kristallen bestickten Zweiteiler und in einem Mantel von Michael Kors Collection.

Foto: Christoph Pirnbacher

Lorraine Huber: "Skifahren bedeutet für mich Geländefahren"

STANDARD: Wie sind Sie zum Freeriden gekommen?

Lorraine Huber: Ich bin in Lech aufgewachsen, mit acht Jahren aber nach Australien gezogen, weil meine Mutter von dort kommt. In den Sommerferien bin ich zum Skifahren nach Österreich gereist, bin allerdings nie Rennen gefahren, was sehr untypisch für eine Freeriderin ist. Skifahren bedeutete für mich immer Geländefahren.

STANDARD: Was ist der Unterschied zwischen Freeriden und Skitourengehen?

Huber: Der Unterschied ist wie jener zwischen einem Skifahrer, der blaue Pisten runterkurvt, und Bode Miller, der ein Rennen fährt. Freeriden ist eine Art Leistungssport im Geländefahren.

STANDARD: Sie sind hauptberufliche Freeriderin. Wie finanzieren Sie sich?

Huber: Ich habe weder Familie noch finanzielle Verpflichtungen. Deswegen geht es sich aus. In erster Linie finanziere ich mich über Sponsoren. Ein paar Wochen im Jahr arbeite ich auch als Skiführerin. Im Schnitt mache ich zudem einen Skifilm pro Jahr.

STANDARD: Ihr nächstes wichtiges Projekt?

Huber: Ich möchte wieder bei der Freeride World Tour Anfang März in Fieberbrunn dabei sein. Vor zwei Jahren wurde ich Vizeweltmeisterin, letztes Jahr habe ich mir leider meinen Knöchel gebrochen.

Lorraine Huber (35) lebt in Lech am Arlberg, seit 2008 ist sie hauptberufliche Freeriderin. www.lorrainehuber.com
Auf unserem Bild trägt Lorraine Huber einen Lodenmantel und Lederstiefel von Christian Dior.

Foto: Christoph Pirnbacher

Matthias Haunholder: "Mich hat das Abenteuer immer gereizt"

STANDARD: Was ist das Besondere am Freeriden?

Matthias Haunholder: Mir wurde das Skifahren in die Wiege gelegt. Ich wuchs neben dem Skilift auf, bin Rennen gefahren. Als die ersten Powder-Ski, diese richtig fetten Skier, von Amerika nach Europa schwappten, wusste ich, das ist meins! Mich hat das Abenteuer immer gereizt.

STANDARD: Ist das Risiko, das Sie eingehen, Kick oder Hemmnis?

Haunholder: Natürlich ist Freeriden eine Risikosportart, aber ich liebe meinen Sport und versuche durch bestmögliche Vorbereitung das Risiko so weit wie möglich zu minimieren. Ich hasse das Wort Kick, aber natürlich: Wenn man sich eine Linie aussucht, sich ewig lang vorbereitet und sie gelingt, dann ist das ein tolles Gefühl.

STANDARD: Der Skisport ist vielen Moden unterworfen. Ist Freeriden eine Erfindung der Skiindustrie?

Haunholder: Menschen wie uns hat es immer gegeben. Natürlich hat die Industrie auch ein Interesse, neue Produkte und Materialien zu verkaufen. Im Unterschied zum ÖSV sind wir ein unorganisierter Haufen, wir brauchen auch deshalb die Unterstützung der Industrie und der Sponsoren.

STANDARD: Wie lang planen Sie die Sportart auszuüben?

Haunholder: Ich war immer ein Getriebener, derzeit entwickle ich mich in Richtung Abenteurer, fahre in die entlegensten Winkel der Welt. Mein Ziel ist es, als Sportler in Pension zu gehen.

Matthias Haunholder (35) kommt aus Ebbs bei Kufstein. Er ist Freerider, Abenteurer und Filmemacher. www.hauni.at, onekotan.com Matthias Haunholder trägt auf unserem Bild einen Rolli von Christian Berg, eine Hose von Zegna, einen Mantel von Vetements und Stiefel von Givenchy.

Foto: Christoph Pirnbacher

Flo Orley: "Ich gehöre zu den Top drei der Welt"

STANDARD: Warum wird man Freerider?

Flo Orley: Wenn man an der Innsbrucker Nordkette aufwächst, dann fährt man automatisch Tiefschnee. Freerider sind Freigeister, die für ihre Träume leben. Wir verkörpern nicht nur einen Sport, wir verkörpern einen Lifestyle.

STANDARD: Welcher Lifestyle ist das?

Orley: Ein Lifestyle, der mit Reisen, Freiheit, Selbstständigkeit, Liebe zur Natur, Abenteuer zu tun hat. Da steckt viel mehr dahinter, als nur auf Berge zu steigen, um anschließend möglichst spektakulär herunterzubrettern.

STANDARD: Es ist schwierig, vom Freeriden zu leben ...

Orley: Deswegen macht man neben Wettkämpfen auch Filme und Fotos. Wie in vielen anderen Sportarten sind auch wir Marketingtools für unsere Sponsoren. Je toller du dich verkaufst, desto interessanter wirst du für Sponsoren.

STANDARD: Worin unterscheiden sich Freerider von herkömmlichen Skitourengehern?

Orley: Skitourengeher sind meist konservativere Menschen. Wir sind Fun-Sportler. Uns geht es ums Runterfahren.

STANDARD: Was ist Ihr größter sportlicher Erfolg?

Orley: Dass ich seit 15 Jahren an der Weltspitze dabei bin! Ich habe mit 25 angefangen, habe den ersten Wettbewerb gleich gewonnen. Mit 40 gehöre ich heute immer noch zu den Top drei der Welt. Weltmeister bin ich leider nie geworden.

Flo Orley (40) lebt in Innsbruck. Er ist einer der Pioniere der Freerider-Szene. www.flo-orley.com
Flo Orley ist auf unserem Bild in einem Mantel von Dior Homme, einem Seidenhemd von Michael Kors, einer Hose von Bugatti und Schuhen von Hugo Boss zu sehen.

(Stephan Hilpold, RONDO, 4.12.2015)