Gleich beim Naschmarkt, dennoch mit gutem japanischem Essen: das neue Kojiro 3. Ramen ist hier die Spezialität.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die eigentliche Attraktion des Kojiro 3 ist Ramen – riesige Suppenschüsseln in drei Varianten.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Als japanischer Koch in Wien läuft man seinesgleichen irgendwann über den Weg – das bringt die Macht der geringen Zahl so mit sich. Bei den Herren Tsurugasaki, Takahasi, Masahiro und Zhang (wobei der Chinese aus Schanghai ist) passierte das schon ganz am Anfang der 1990er-Jahre.

Tsugurasaki-san war damals Teppanyaki-Chefkoch im noblen Unkai, Takahasi-san Sous-Chef im kaum weniger noblen Tenmaya, Zhang zeigte Wini Brugger & Co im Yohm, wie man Sushi formt – und Masahiro-san kümmerte sich wie schon die Jahre zuvor um den rohen Fisch in der schmucklosen Sushi-Bar Kojiro, ganz am unteren Ende der Wienzeile. Seit 1986 wird hier schon Sushi geformt, länger als fast überall sonst in der Stadt.

Irgendwann taten sich die vier Männer zusammen. 2010 kam das Kojiro 2 in ein Kellerlokal am Kühnplatz, seit ein paar Wochen wird mit dem Kojiro 3 ein mythischer Ort des Wien der späten 1980er wiederbelebt. In den Räumen des einst als Punkerhütte und legendäres Absturzlokal verrufenen Terrassinger (nach seinem massiven, mit wildem Wein beschatteten und auch sonst sehr charmanten Terrassengarten am Fuße eines Gemeindebaus) gibt es seit ein paar Wochen das Kojiro 3. Hier soll ganz offenbar eine neue Entwicklungsstufe des sympathischen Alltagsjapaners gezündet werden.

Ramen in besonders gepflegter Form

Das lässt sich nicht nur daran erkennen, dass die Bediensteten der japanischen Vertretungen jetzt schon für mehr oder minder ausufernde Gelage herkommen – sondern an der Speisekarte. Ramen, der japanische Kultsuppentopf, der jetzt auch bei uns als Trend entdeckt wird, ist hier in besonders gepflegter Form zu haben. Zu mehr als zivilen Preisen werden aber auch verlockende Deftigkeiten aus der Izakaya-Küche feilgeboten.

Maguronatto zum Beispiel, Würfel vom rohen Tunfisch mit Frühlingszwiebel, Nori-Algen und, vor allem, einer ordentlichen Portion vergorener Sojabohnen ("Natto"), die mit ihrem intensiv germigen Aroma zu den gewöhnungsbedürftigen, aber umso aufregenderen Delikatessen des japanischen Fresskosmos gehören. Mit ein paar Spritzern Sojasauce und, falls gewünscht, einer Idee Wasabi aufhussen, vermischen und die Endlosfäden einsaugen, die die schmierigen Bohnen-Aliens von der Schüssel bis in den Mund ziehen. Geschmolzener Emmentaler oder Mozzarella sind nix dagegegen!

Aber auch sonst gibt es tolles Zeug. Shime Saba etwa, in Reisessig eingelegte Fettmakrele, ideal für Freunde prononciert eleganter Aromen. Oder schlutzige Wantans in zart gesäuerter Sesamsauce, groß. Miso Tofu Schichimi verbindet die kühle Schlabbrigkeit des Seidentofus mit einer dreckig guten Sauce aus Faschiertem (?) und geheimnisvollen Gewürzen, will man auch haben.

Suppenkult

Sushi und Maki sowie diverse Fantasiereisrollen der deftig gefüllten Art gibt es natürlich, die eigentliche Attraktion des Kojiro 3 ist aber Ramen. Die riesigen Suppenschüsseln mit einem Haufen bissfester, lang ondulierter Weizennudeln, marinierten Eiern, Sprossen und Pak Choi sowie Schweinebauch oder Faschiertem in einer kraftstrotzenden Brühe aus Schwein und Huhn gibt es in drei Varianten – mit Shoyu oder Miso gewürzt und, erschütternd gut, als Goma Miso Ramen mit scharfwürziger Sesampaste. Tsugurasaki-san hat in Sapporo einen Suppenkurs besucht, das merkt man: Bei Ramen wie diesen lässt sich der Kult nachvollziehen, der in den vergangenen Jahrzehnten von Japan ausgehend rund um den Pazifik geschwappt ist – viel tiefer befriedigt und energiegeladen als nach so einer Schüssel steht man nämlich kaum je von einem Essen auf. (Severin Corti RONDO, 4.12.2015)