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Montenegros Außenminister Igor Luksic und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Foto: APA / AFP / John Thys

Podgorica/Brüssel – Während die Regierungspolitiker von einem historischen Tag für Montenegro sprachen, fordert die Opposition weiter ein Referendum über den Nato-Beitritt. Miodrag Lekic von der Demokratischen Front kritisierte etwa, dass die Nato im Vorfeld Montenegro für Fortschritte auf dem Gebiet der Rechtsstaatlichkeit gelobt habe, obwohl doch jeder im Land wisse, dass dabei nicht viel erreicht wurde. Der Nato-Beitritt diene den Herrschenden dazu an der Macht zu bleiben, weiter Korruption zu betreiben und ihr autokratisches Modell fortzusetzen, so Lekic.

Beim Gipfel in Brüssel war der kleine Adria-Staat eingeladen worden, das 29. Mitglied des Nordatlantik-Pakts zu werden. Seit man 2009 Montenegro einen Aktionsplan übergab, hat man innerhalb der Nato gezögert, weil die Zustimmung zum Beitritt bei der Bevölkerung so gering war. Doch der Beitritt war in den vergangenen Jahren Ziel Nummer eins der Regierung in Podgorica. Die Pro-Nato-Kampagnen in Fernsehen und Radio haben in den vergangenen Monaten auch viel Geld gekostet. Die Zustimmung zum Beitritt ist gestiegen – aber noch immer ist etwa die Hälfte der Bevölkerung dagegen. Das hat vor allem historische Gründe: Viele Serben in Montenegro – etwa 30 Prozent der Bevölkerung – nehmen Anstoß an den Nato-Angriffen 1999 im Kosovokrieg gegen das ehemalige Jugoslawien.

Montenegro hat sich 2006 von Serbien getrennt und ist seitdem ein unabhängiger Staat – allerdings war auch damals nur knapp die Hälfte der Einwohner für diesen Schritt. In den vergangenen Wochen fanden in der Hauptstadt Podgorica Proteste statt. Die Demonstranten wandten sich gegen die Korruption, einige sprachen sich aber auch gegen den Nato-Beitritt aus.

"Terroristische Organisation"

So wetterte etwa der serbisch-orthodoxe Metropolit Amfilohije gegen die Nato als "terroristische Organisation". "Das ist nicht mein Montenegro und nicht das Montenegro meiner Vorfahren", warnte er vor den Folgen des Beitritts. Schließlich sei man für die "Freiheit von Sünde und satanischen Kräften". Nato-Gegner führen aber auch weit profanere Dinge ins Treffen. Etwa die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland, das ein wichtigster Auslandsinvestor ist.

Die Nato hat Interesse, die Balkanhalbinsel zu integrieren und russische Einflüsse zurückzuhalten. Mit dem Beitritt von Montenegro wären alle Staaten an der Adria-Küste Mitglieder. Slowenien, Kroatien, Albanien und Griechenland sind es ja bereits. Russland nannte die Nato-Erweiterung auf dem Balkan eine "Provokation", eine Mitgliedschaft wäre ein weiterer Schlag für die Sicherheit in Europa und die Beziehungen zwischen Russland und der Nato. Der Sprecher der russischen Präsidentschaft Dmitri Peskow kündigte Vergeltungsmaßnahmen an. (Adelheid Wölfl, 2.12.2015)