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In Frankreich wurde nach den Terroranschlägen von Paris sofort der Ausnahmezustand ausgerufen. In Österreich wäre so etwas derzeit nicht möglich.

Foto: APA/AFP/SEBASTIEN BOZON

Wien – Zur Abwechslung sorgen Vorschläge von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner einmal nicht für Kopfschütteln bei der SPÖ. Die ÖVP-Ministerin hatte am Dienstag einen Gesetzesentwurf zu einer Meldepflicht für potenzielle Gefährder vorgelegt und auch eine Diskussion über Regeln für einen Ausnahmezustand gestartet.

Im Gegensatz zu Frankreich, das nach den Anschlägen von Paris den Notstand ausgerufen hatte, gibt es in Österreich bisher keine entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen. Die Strafrechtlerin Susanne Reindl-Krauskopf wurde nun von Mikl-Leitner beauftragt, gemeinsam mit anderen Rechtsexperten zu prüfen, ob es hier Handlungsbedarf gibt.

Sinnvolle Diskussion

"Es ist sinnvoll, sich damit auseinanderzusetzen", sagte SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim am Mittwoch auf Anfrage des STANDARD. Von Reindl-Krauskopf hält er "wahnsinnig viel", wichtig werde aber auch sein, dass Verfassungsrechtler eingebunden werden. Schließlich gehe es dabei um grundlegende Rechtsschutzfragen, wie man im Krisenfall agiere und unter welchen Voraussetzungen möglicherweise Bürgerrechte eingeschränkt werden. Eine abschließende Meinung dazu habe auch er sich noch nicht gebildet, sagt Jarolim.

Die mögliche Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss hingegen meint, es sei falsch, jetzt Notmaßnahmen anzukündigen. Aber es sei keine Frage, dass man vorbereitet sein müsse, um gegebenenfalls etwas tun zu können. Da es derzeit keine ausreichende gesetzliche Grundlage gebe, müsse man natürlich eine schaffen, "die menschenrechtskonform ist und den Anforderungen genügt, die in einem Rechtsstaat bestehen". Wichtig sei auch, dass man die Geheimdienste international koordiniere und alle Flüchtlinge registriere.

"Legitime Meldepflicht"

Als "im Grunde legitim" bezeichnet Jarolim den Entwurf für verstärkte Meldepflichten von potenziell gefährlichen Personen, gegen die nicht genug für ein strafrechtliches Verfahren vorliegt. Menschen, bei denen die Sicherheitsbehörden wegen "vorangegangener verfassungsgefährdender Angriffe" befürchten, dass es zu neuen derartigen Vergehen kommt, können künftig zu Rechtsbelehrungen geladen werden (die sogenannte Gefährderansprache). Darüber hinaus können weitere Meldungen bei den Behörden angeordnet werden.

Von der schiefen Bahn holen

Da es häufig um Jugendliche oder junge Erwachsene gehe, die sich ausgegrenzt fühlen, sei es auf alle Fälle sinnvoll zu versuchen, diese Personen von der "schiefen Bahn runterzukriegen", meint Jarolim. Er wäre dafür, dass die Polizei auch auf Experten aus der Jugendgerichtsbarkeit oder aus der religiösen Szene zurückgreift. "Nur mit dem erhobenen Zeigefinger zu kommen wird zu wenig sein."

Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz plädierte am Mittwoch dafür, das Waffengesetz zu novellieren, und schlug ein Verkaufsverbot für halbautomatische Waffen vor. Diese seien für potenzielle Terroristen leicht erwerbbar. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder zeigte sich offen für den Vorschlag. (Günther Oswald, Hans Rauscher, 2.12.2015)