Wien – Mit Asyl auf Zeit, also der geplanten Neuerung, dass Flüchtlinge erst infolge einer Überprüfung ihres positiven Asylbescheids nach drei Jahren unbefristeten Schutz bekommen, will die Bundesregierung ein "Signal" setzen: Hier sind sich ÖVP und SPÖ einig.

Genau dieses "Signal" jedoch – eine Verringerung der "Attraktivität Österreichs" für Schutzsuchende, wie im Begutachtungsentwurf zur Asylnovelle angedeutet wird – drohe "konterkariert" zu werden, kritisiert Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). Anlass ist ein Zusatzvorschlag von Integrations- und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP).

Kurz: "Integrationsturbo"

Dieser hat Ausnahmen bei Asyl auf Zeit vorgeschlagen. Abgesehen von der Frage, ob bei einem Flüchtling nach drei Jahren weiter Schutzgründe vorliegen, solle nach drei Jahren auch der "persönliche Integrationsfortschritt" überprüft werden und in die Entscheidung über die unbefristete Schutzverlängerung einfließen, meint er. Etwa "Deutschkenntnisse, die Einbindung am Arbeitsmarkt und die Einhaltung der Werte".

"Somit würde die automatische Prüfung nach drei Jahren zu einem Ansporn, sich persönlich gut zu integrieren, also ein Integrationsturbo", heißt es in einer Stellungnahme aus Kurz' Ressort. Doch dabei dürften weniger der Integrationsfortschritt und die Werteverinnerlichung bei anerkannten Flüchtlingen als die Interessen der heimischen Wirtschaft im Mittelpunkt stehen.

Industriellenvereinigung: "Rechtssicherheit"

Konkret sprechen sich mit der Industriellenvereinigung und der Österreichischen Wirtschaftskammer deren zwei wichtigste Interessenvertretungen in den Begutachtungsstellungnahmen zur Asylnovelle für Ausnahmen von der Dreijahresbestimmung aus. Für Asylberechtigte, die gut im Arbeitsmarkt integriert seien "und sich zum Zeitpunkt der Überprüfung seit mindestens einem Jahr in einem vollversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befinden", solle sich der Asylstatus um eine unbestimmte Zeit verlängern, regt die Industriellenvereinigung an.

Somit hätten die Arbeitgeber "eine gewisse Rechtssicherheit". Asyl auf Zeit und den ebenfalls geplanten Erschwernissen bei der Familienzusammenführung steht die Industriellenvereinigung prinzipiell kritisch gegenüber.

Wirtschaftskammer: Automatismus

Inhaltlich gleich ist der Ausnahmenvorschlag der Wirtschaftskammer, wo man Asyl auf Zeit insgesamt begrüßt. Sollte die Ausnahmenlösung nach drei Jahren "nicht umsetzbar" sein, wird zusätzlich angeregt, Asylaberkennungsverfahren "mit Nachweis einer vollversicherungspflichtigen Beschäftigung automatisch einzustellen".

Asylberechtigte sollten "nur möglichst kurz Transferleistungen, etwa Mindestsicherung, erhalten". Daher sei deren Integration auf dem Arbeitsmarkt "ein ganz wichtiger Punkt", begründet Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit der Wirtschaftskammer, im STANDARD-Gespräch den Vorstoß. Jobs für anerkannte Flüchtlinge gebe es "in allen Mangelberufen, bei Technikern, im Gastgewerbe, in der Pflege".

Die Ausnahmeregelung, so Gleitsmann, würde Firmen helfen. Diese wüssten dann, "dass ihnen anerkannte Flüchtlinge nicht gleich wieder abhandenkommen". Außerdem: "Wer schon ein Jahr mitarbeitet und Beiträge zahlt, zeigt, dass er integriert ist." (Irene Brickner, 2.12.2015)