Zagreb – Die letzten beiden Pokerrunden hat der bisherige Premier verloren. Zoran Milanovics Einsatz war zu hoch, er glaubte mit ein paar Abtrünnigen der drittstärksten Partei Most (Die Brücke) koalieren zu können. Sogar von Bestechungen ist die Rede. Doch einige andere potenzielle Koalitionspartner sprangen ab. Das Blatt hat sich gewendet. Nun werden der konservativen HDZ größere Chancen zugeschrieben.

Eines bleibt klar: Ohne Most ist es in Kroatien seit den Wahlen am 8. November nicht möglich, eine Koalition zu bilden. Die Neo-Partei verhandelte am Mittwoch auch mit Milanovics Sozialdemokraten (SDP). Most stellte beiden potenziellen Partnern Fragen zu Reformen und will nun die Antworten analysieren. Aber es geht auch um Posten – aktuell um den des Parlamentspräsidenten.

Erste Parlamentssitzung

Die Zeit drängt, denn heute, Donnerstag, findet die erste Sitzung des Parlaments statt. Die HDZ hat als Parlamentspräsidenten ihren Parteimann Zeljko Reiner vorgeschlagen, die SDP würde einverstanden sein, dass der Most-Politiker Robert Podolnjak den Posten bekommt, falls Most mit der SDP koalieren würde. Andernfalls will man den bisherigen Parlamentspräsidenten Josip Leko vorschlagen. Am Mittwoch war nicht klar, ob es zu einer Einigung über den Posten kommen würde. Für Most ist aber natürlich das Gesamtpaket entscheidend – also wer Premier wird.

Gespräche gut gelaufen

HDZ-Chef Tomislav Karamarko betonte, dass die bisherigen Gespräche mit Most gut verlaufen seien. Die Partei verfügt noch über 15 Mandatare – ursprünglich waren es 19. An ihrer Spitze steht der Bürgermeister von Metkovic, Bozo Petrov. Der Zagreber Politik-Analytiker Davor Gjenero meint, dass Petrov eventuell in einer HDZ-Koalition Premier werden könnte. Allerdings würde Karamarko in so einem Fall Angst haben, dass er selbst als "Nur-Vizepremier" von "Parteifreunden" attackiert werden könne. Karamarko gilt in der eigenen Partei als angreifbar.

Zudem ist es für die HDZ schwierig zu argumentieren, weshalb die drittstärkste Partei den Premiersposten bekommen sollte. Mit Karamarko als Premier würde aber Most wohl kaum einverstanden sein. "Das Beste wäre es deshalb, wenn ein unabhängiger Experte Regierungschef würde", meint Gjenero. Im Gespräch sind laut Gjenero der renommierte Ökonom Zeljko Lovrincevic und Sandra Svaljek, ebenfalls eine Wirtschaftswissenschafterin. Am 6. Dezember soll die zweite Runde der Koalitionsverhandlungen beginnen. Vor Weihnachten soll das Kabinett stehen. (Adelheid Wölfl, 2.12.2015)