Mit dem Kompromiss in der Bildungsreform zu den Gesamtschulmodellen, die auf 15 Prozent in jedem Bundesland begrenzt werden, sind viele nicht glücklich: Die SPÖ will mehr, ebenso die ÖVP-regierten Bundesländer Vorarlberg und Tirol. Und tatsächlich stehen die Chancen ganz gut, dass der Deckel am Ende der Gesetzwerdung weniger strikt ausfällt. Denn die Koalition braucht für eine Verfassungsmehrheit die Grünen, und die sind klar auf der Seite der Gesamtschulbefürworter.

Die SPÖ könnte sich daher zurücklehnen und darauf warten, dass der parlamentarische Prozess in ihre Richtung läuft. Stattdessen hat Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek bei erster Gelegenheit lautstark frohlockt, dass ja noch alles anders kommen könne als vereinbart – und damit den Koalitionspartner brüskiert. Die ÖVP gräbt sich wie erwartet ein: Die 15 Prozent müssen bleiben, interne Kritiker werden auf Linie gebracht. Schließlich gilt es, die Gymnasium-Lobby in der Partei zu besänftigen.

Doch ohne Grüne droht die Reform zu scheitern – eine schwere Niederlage für die Koalition. Das ließe sich mit etwas Verhandlungsgeschick vermeiden. Aber weder SPÖ noch ÖVP sind bereit, auf die Bedürfnisse des anderen einzugehen; sie spielen lieber fürs Heimpublikum.

Ehen in diesem Zustand gelten als zerrüttet und können nur mit Mühe gerettet werden. Allen SPÖ- und ÖVP-Regierungsmitgliedern täte eine intensive Paartherapie gut. (Eric Frey, 2.12.2015)