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Risikokapitalgeber hoffen stets, dass sie einen ähnlichen "Selbstläufer" wie die Fitness-App Runtastic finanzieren.

Foto: AP / Davis Goldman
Grafik: STANDARD

Wien – In der heimischen Risikokapitallandschaft tut sich wieder etwas. Das Unternehmen Venionaire Capital ist dabei, einen Beteiligungsfonds auf die Beine zu stellen. Hinter Venionaire steht neben Gründer Berthold Baurek-Karlic unter anderem der Investmentbanker Martin Steininger. 100 Millionen Euro will man von institutionellen Investoren einsammeln – das wäre österreichweit der größte Venture-Capital-Fonds. "Das erste Closing ist auf gutem Weg", sagt Baurek-Karlic zum STANDARD. Der Fonds sitzt in Luxemburg, gemanagt werden die Beteiligungen von Wien aus.

Die Bereitstellung von mehr Risikokapital ist für Baurek-Karlic nicht nur die Grundlage, um die heimischen Talente sichtbar zu machen, sondern auch, "um sie im Land zu halten". Denn dass es auch hierzulande viel Know-how gebe, sehe man an Beispielen wie Runtastic. Im August hat der deutsche Sportartikelhersteller Adidas den App-Entwickler um 220 Mio. Euro erworben.

Lücke in der Wachstumsphase

Investiert werden soll das Kapital in jene Unternehmen, die sich am Markt bereits etablieren konnten und nun eine nächste Finanzierungsrunde suchen. Hier sieht Baurek-Karlic nämlich eine Lücke. Es gebe mittlerweile eine gute Förderlandschaft für Start-ups. Befinde sich ein Unternehmen aber in der Wachstumsphase, sinke oft auch die Bereitschaft der Geldgeber. Hier will das Wiener Beratungs- und Beteiligungsunternehmen ansetzen. Der Fokus richtet sich auf Unternehmen im deutschsprachigen Raum.

In dem neuen Gesetz für alternative Investmentfonds (AIFMG) sieht Baurek-Karlic auch eine Chance für den Bereich der Beteiligungen. Denn Investoren hätten sich in der Vergangenheit in dieser Assetklasse auch "Schrammen geholt". Die Gebühren für solche Fonds seien hoch, die Projekte nicht immer gut umgesetzt gewesen. Mit AIFMG gebe es nun aber klare Vorgaben, "die eine neue Form von Stabilität und Transparenz bieten und für Investoren daher mehr Sicherheiten schaffen", sagt Baurek-Karlic.

Brücke zur Old Economy

In der Finanzierung junger Firmen sieht der Beteiligungsexperte auch eine Chance für etablierte Unternehmen. Denn diese müssten lernen, über den Tellerrand zu blicken. So sei es ein Autohersteller etwa gewohnt, sich mit der unmittelbaren Konkurrenz zu vergleichen. Übersehen werde dabei aber oft, dass die Bedrohung – etwa durch eine neue Technologie – rasch von außen kommen kann. Der Fahrdienst Uber habe das in der Taxiszene deutlich gemacht.

Unternehmen – das zeigte die Beratertätigkeit von Venionaire – seien daher gut beraten, "wenn sie auch im eigenen Haus Risikokapital zur Verfügung stellen und anhand einer vorab erstellten Strategie nach Innovationen suchen", sagt Baurek-Karlic. Das In-Schockstarre-Verfallen und das Ausblenden neuer Technologien räche sich heute rasch, wie der einstige finnische Handy-Pionier Nokia zeigt. "Das Internet und die technologische Revolution ordnen die Industriezweige neu und brechen alte Systeme auf", fasst Baurek-Karlic die Situation zusammen.

Etablierte unter Druck

Vor allem große Konzerne müssten vermehrt in diese Richtung denken, denn Unternehmen wie Google forschten in alle Richtungen und könnten daher auch etablierte Unternehmen bedrohen. Derzeit ist das im Finanzbereich ein Thema, wo Apple oder Facebook an eigenen Services feilen und etwa Banken unter Druck bringen könnten. Als Beispiel für diesen sogenannten Corporate-Venture-Bereich nennt Baurek-Karlic den Netzbetreiber A1, der im 20. Bezirk einen Start-up-Campus betreibt, um Innovationen für das eigene Haus zu verwerten. (Bettina Pfluger, 3.12.2015)