Foto: Standard/Robert Newald

Wien – Die vom Bund herausgegebene "Wiener Zeitung" bekommt ein eigenes Redaktionsstatut. Das Statut, das an das Redaktionsstatut des öffentlich-rechtlichen ORF angelehnt ist, soll die Zusammenarbeit zwischen Eigentümer, Herausgeber, Geschäftsführung, Chefredaktion und Redaktion in journalistischen und redaktionellen Fragen sowie die journalistische Freiheit und Qualität regeln.

Erstmals gibt es eine definierte Blattlinie: Die "Wiener Zeitung" ist demnach eine überparteiliche, multimediale Tageszeitung und versteht sich als Autorenzeitung mit umfassender Berichterstattung aus den verschiedensten Lebensbereichen. Als im Eigentum der Republik stehendes Medium bekennt sich die Zeitung zu den rechtsstaatlichen Prinzipien der Bundesverfassung, insbesondere zur parlamentarischen Demokratie und Meinungsvielfalt sowie zur Europäischen Integration. Festgehalten wird auch die Äquidistanz zu allen politischen Parteien und Sozialpartnern. Die Redaktion agiere demnach unabhängig und frei von jeglicher äußeren Einflussnahme von Einzelpersonen, Parteien, Unternehmen, Institutionen, öffentlichen Einrichtungen, Lobbys und Interessensgruppen sowie religiös oder ideologisch orientierten Gruppen.

Wichtigster Punkt des Redaktionsstatuts ist freilich das Mitwirkungsrecht der Redaktion bei der Bestellung eines neuen Chefredakteurs. Laut Statut darf künftig ein Chefredakteur vom Bundeskanzler nicht bestellt werden, wenn sich in einer geheimen Abstimmung der Redaktionsversammlung eine Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gegen den vorgeschlagenen Kandidaten ausspricht. Dies ist von Bedeutung, das in der Vergangenheit bei einem Wechsel und neuen Machtverhältnissen in der Regierung auch ein neuer Chefredakteur bei der "Wiener Zeitung" installiert wurde. Der Redaktionsbeirat hat zudem ein Anhörungsrecht bei der Bestellung, Wiederbestellung oder Abberufung von Ressortleitern und Leitenden Redakteuren, bei gravierenden Layout-Änderungen, bei der Budgeterstellung sowie gravierenden Änderungen der redaktionellen Struktur, der Blattstruktur oder der Erscheinungsweise.

Das neue Redaktionsstatut, das auf unbefristete Zeit beschlossen wird und von Änderungen in der Eigentümerstruktur unberührt bleibt, wird kommenden Montag bei einem öffentlichen Festakt im Presseclub Concordia durch Medienminister Josef Ostermayer (SPÖ) als Eigentümervertreter, "Wiener Zeitung"-Geschäftsführer Wolfgang Riedler sowie durch den Redaktionsbeiratsvorsitzenden Simon Rosner unterzeichnet. Ostermayer beurteilte das neue Statut schon im Vorfeld der Unterzeichnung als "klares Signal für Transparenz" und sprach von einem "Arbeitsumfeld, das unabhängigen und kritischen Journalismus ermöglicht und sichert".

Gleichzeitig mit der Unterfertigung des Statuts wird in der Concordia eine Ausstellung über die "Wiener Zeitung" in der Zweiten Republik eröffnet. (APA, 3.12.2015)