Bild nicht mehr verfügbar.

Während Stadt, Land und Bund einander die Schuld zuweisen, müssen in Salzburg männliche Asylwerber um eine Unterkunft bangen.

Foto: APA/Barbara Gindl

Solche Schreiben werden von der Polizei an Asylwerber ausgeteilt, wenn kein Platz in einem Erstaufnahmezentrum zur Verfügung steht.

Salzburg – Alleinreisende männliche Asylwerber werden nun im Transitquartier der Asfinag in Salzburg abgewiesen. Im Hintergrund steht ein Streit um die Zuständigkeit.

Seit zwei Monaten wird neu ankommenden Asylwerbern immer wieder von der Polizei ein Zettel ausgehändigt, auf dem steht, es gebe keinen Platz in einem Erstaufnahmequartier für sie. In Salzburg schickte die Polizei die Menschen daraufhin zum Transitlager in der alten Autobahnmeisterei in Liefering. Dort werden seit Ende November aber nur noch Frauen, Kinder und Familien aufgenommen, die bereits Asyl beantragt haben. "Alleinreisende männliche Asylwerber werden abgewiesen", bestätigt der Sprecher der Stadt Salzburg, Johannes Greifeneder.

Obdachlos sei deshalb niemand, sagt Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ). "Wir schicken die Leute zurück zur Polizei, und sie werden dann verteilt. Manche können auch bei Verwandten unterkommen."

Das Asfinag-Gelände sei ein Notquartier und kein Asylwerberquartier, sagt Schaden, für einen längeren Aufenthalt sei es nicht geeignet. "Es gibt klare rechtliche Bestimmungen, wie eine Unterkunft für Asylwerber auszusehen hat. Die Unterbringung in den Zelten ist in keinster Form rechtlich gedeckt", sagt der Bürgermeister. Auch ein Umrüsten des Quartiers wurde bereits angedacht, dann gebe es aber kein Transitlager mehr.

Hinzu komme, dass eine Vermischung von Transitflüchtlingen und Asylwerbern auch dazu führe, dass viele Durchreisende dann eher dazu geneigt seien, hier zu bleiben, sagt Schaden. Und: "Wenn jemand länger unter solchen Bedingungen haust – denn leben kann man das nicht nennen –, kommt es zwangsläufig zu Reibereien."

Aufnahmekapazitäten des Bundes blockiert

Zuständig für die Erstaufnahme ist eigentlich der Bund. Sobald jemand einen Asylantrag bei der Polizei stellt, müsste er in der Regel in ein Bundesquartier gebracht werden, bis er einem Landesquartier zugeteilt wird. Warum kommt der Bund seiner Verpflichtung nicht nach und stellt Quartiere für Asylwerber bereit? "Weil die Länder zu wenige Asylquartiere zur Verfügung stellen", argumentiert der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck. Von den insgesamt 8.000 Erstaufnahmeplätzen des Bundes würden derzeit 4.300 von zugelassenen Asylwerbern belegt werden, die eigentlich in Landesquartieren untergebracht werden müssten, sagt Grundböck. "Die blockieren die Aufnahmekapazitäten des Bundes."

Auch das seit Oktober geltende Durchgriffsrecht, mit dem bisher bereits 3.000 zusätzliche Plätze geschaffen wurden, entbinde die Länder nicht von der Grundversorgungsvereinbarung, sagt Grundböck. Sechs Bundesländer würden noch immer die Quote für Asylwerber nicht erfüllen. "Es gibt zwei Akteure, die machen, was sie müssen – Niederösterreich und die Steiermark –, zwei Akteure, die mehr machen – Wien und der Bund –, und sechs, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen", sagt Grundböck. Allein in Salzburg würden 360 Plätze fehlen, um die Quote zu erfüllen, in Tirol seien es sogar tausend fehlende Plätze.

Land sieht Bund in der Pflicht

"Wir haben aktuell zu wenige Plätze, aber holen seit November wieder auf bei der Quote", heißt es aus dem Büro der Salzburger Integrationslandesrätin Martina Berthold. Man arbeite auf Hochtouren, aber besonders die Einrichtung größerer Quartiere würde sich nicht so schnell umsetzen lassen. Gleichzeitig habe die Situation Ende September, als Salzburg zum Hotspot für durchreisende Flüchtlinge wurde, das Land bei der Quartiersuche zurückgeworfen. Denn mit der hohen Anzahl der Transitflüchtlinge sei auch die Anzahl der Asylanträge gestiegen.

"Wir und die Caritas sind eingesprungen und haben geschaut, dass wir für Leute, die der Bund nicht unterbringen kann, Plätze schaffen. Wir haben dem Bund bei der Erstaufnahme unter die Arme gegriffen", heißt es aus Bertholds Büro. "Der Bund muss seine Aufgabe erfüllen. Wir bemühen uns auch, unsere Aufgabe zu schaffen. Es ist leider nicht leicht."

"Kann nicht Leute wegschicken, obwohl Platz ist"

Doch die derzeitige Vorgehensweise der Stadt versteht man in Bertholds Büro auch nicht gänzlich. "Wir verstehen zwar das Ansinnen, aber man kann nicht Leute wegschicken, obwohl man Platz hat. Da ist die Stadt viel zu strikt und hart." Es sei auch vereinbart gewesen, dass zumindest 250 Asylwerber in der Asfinag aufgenommen werden, am Donnerstag waren es 177.

Auch Ministeriumssprecher Grundböck sieht den akuten Handlungsbedarf bei der Stadt: "Am Platz scheitert es nicht. Das ist eine Krisensituation. Menschen im Dezember abzuweisen, wo Platz wäre, das muss der Bürgermeister erklären." (Stefanie Ruep, 4.12.2015)