Wien – Scharfe Kritik an der Geschlechtzertrennung in den "Kompetenzcheck"-Kursen des Wien Arbeitsmarktservice übten am Donnerstag ÖVP und FPÖ. ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald sagte in einer Aussendung, es müsse Ziel sein, "unsere österreichischen Werte ab der ersten Minute zu vermitteln und auch einzufordern. Die Gleichstellung von Frau und Mann gehört zu diesen Grundwerten. Die Kritik von Integrationsminister Sebastian Kurz an den geschlechtergetrennten Kursen des AMS Wien für Araber ist daher völlig berechtigt", sagte er. Und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel sprach von einem "Verrat unserer Grundwerte".

Auch die FPÖ stellte sich strikt gegen getrennte Kurse: Die SPÖ stelle "zutiefst antiquierte Werte" vor die aktuellen europäischen Werte und gebe dadurch "wehrlos die Gleichbehandlung zwischen Mann und Frau auf", sagte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Er ortete in dieser "SPÖ-Vorgangsweise" eine "geschlechtsspezifische Apartheid – da fehlen nur noch getrennte Bereiche in den öffentlichen Verkehrsmitteln", so Kickl.

Yilmaz: Geht an Sache vorbei

Für SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yilmaz hingegen geht die Kritik der ÖVP an den "Kompetenzchecks" völlig an der Sache vorbei. "Anstatt gegen diese Kurse zu polemisieren, die auf die spezifische Situation von Frauen am Arbeitsmarkt eingehen, hätte Kurz nur bei seinem Integrationsfonds nachschauen müssen – auch dort werden manche Kurse nur für Frauen angeboten, weil Integrationsexperten dies offensichtlich für sinnvoll halten."

Ähnlich argumentierte die Integrationssprecherin der Grünen, Alev Korun: Auch sie verwies darauf, dass seitens des Integrationsfonds auch "Schulungen für muslimische Frauen" anbiete. "Es erstaunt daher ziemlich, wenn eben dieser Minister nun gegen Kompetenzchecks extra für Frauen auftritt. Eine Rückfrage bei 'seinem' Integrationsfonds hätte ergeben, dass die allermeisten Kurse natürlich für beide Geschlechter sind, und manchmal Extra-Kurse für Frauen Sinn machen", sagte sie.

Neos: "Bewusst Unwahrheit"

Scharfe Kritik an Kurz übte auch Neos-Menschenrechtssprecher Niki Scherak: Dass der Integrationsminister die Kompetenzchecks des AMS mit der Vermittlung von Grundwerten verwechsle, zeuge davon, "dass er entweder schlecht informiert ist oder sich bewusst mit Unwahrheiten profilieren möchte". Als "vollkommen sinnentleert" bezeichnete hingegen Team Stronach Gleichbehandlungssprecherin Martina Schenk die Geschlechter-Trennung. Gleichstellung von Mann und Frau sei einer der "zentralen Werte unserer Gesellschaft, das kann den Flüchtlingen nicht früh genug vermittelt werden", so Schenk.

Frauenring für Geschlechtertrennung

Der österreichische Frauenring spricht sich in einer Aussendung ebenfalls für geschlechtsspezifisch getrennten Kompetenzchecks ausgesprochen. "Diese Maßnahmen sind notwendig, wenn wir die Situation geflüchteter Frauen nicht nur wahr-, sondern auch ernst nehmen wollen", sagt Sonja Ablinger, Vorsitzende des Frauenrings. Es gehe dabei nicht um die künstliche Schaffung von Unterschieden, sondern um die Anerkennung unterschiedlicher Ausgangslagen.

"Wenn Integrationsminister Kurz die Erfahrung frauenpolitischer Expertinnen beim AMS ignoriert, stellt sich die Frage, ob es ihm tatsächlich um die Gleichstellung von Frauen und Männern geht, ob hier nur mit populistischen Aussagen die Integrationsdebatte befeuert wird", sagt Ablinger. (APA, 3.12.2015)