Bild nicht mehr verfügbar.

Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), Yukiya Amano: Sein Bericht über "mögliche militärische Aspekte" des iranischen Atomprogramms geht nun an den Gouverneursrat.

Foto: AP / Ronald Zak

Wien – Am Ende haben alle recht gehabt: die USA, die ein iranisches Atomwaffenprogramm als seit 2003 abgeschlossen betrachteten; Israel, das behauptete, waffenrelevante Forschung habe auch danach noch stattgefunden; ja sogar die Iraner, die sagen, sie hätten kein Waffenprogramm.

Der mit Spannung erwartete Endbericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über die "Roadmap" zur Klärung offener Fragen der IAEA an den Iran ist ein technischer Bericht, der die technische Einschätzung der IAEA wiedergibt: Die politischen Schlüsse müssen die an den Atomverhandlungen mit dem Iran beteiligten Akteure ziehen.

"Implementation Day"

Der nächste Schritt ist nun, dass der Gouverneursrat der IAEA den Bericht annimmt oder nicht und – wenn ja – die IAEA-Nachforschungen über die PMDs (Possible Military Dimensions) des iranischen Atomprogramms einstellt. Damit wäre der Weg frei für den "Implementation Day" des Atomdeals zwischen dem Iran und den EU/E3+3 (EU, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, USA, Russland, China). Der Iran würde dann den Großteil seines Urananreicherungsprogramms auf Jahre hinauf einmotten und dafür von den meisten internationalen Wirtschafts- und Finanzsanktionen befreit werden.

Die unterschiedlichen Bewertungen des Berichts ergeben sich aus den folgenden Parametern: Der Iran hat vor 2003 "Aktivitäten, die für die Entwicklung eines nuklearen Sprengkörpers relevant" sind, betrieben, und zwar "koordiniert"; das heißt, als strukturiertes und gemanagtes Programm. Dieses wurde 2003 eingestellt – wie schon Ende 2007 in einer US-amerikanischen Geheimdiensteinschätzung (NIE: National Intelligence Estimate) befunden wurde.

Nicht mehr als Studien

Israel widersprach damals und hatte insofern recht, als es einzelne Aktivitäten auch noch bis 2009 gegeben hat. Und der Iran wiederum – der die militärische Dimension ohnehin weiter bestreitet – kann sich seinerseits darauf stützen, dass die IAEA festhält, dass die Aktivitäten (vor und nach 2003) "nicht über Machbarkeits- und wissenschaftliche Studien und den Erwerb gewisser relevanter technischer Kompetenzen und Fähigkeiten hinausgingen". Es gab demnach kein Programm, bei dem an einer Waffe gearbeitet wurde.

Wenn man dem IAEA-Bericht folgt, dann war wohl jene Einschätzung am treffendsten, die auch die häufigste unter unabhängigen Experten war: Der Iran hatte neben dem Ehrgeiz, den kompletten Brennstoffkreislauf (vom Uranabbau bis zur Wiederaufarbeitung) zu meistern, zumindest Schritte gesetzt, um an den technischen Aspekten einer Bombe zu arbeiten – für den Fall, dass einmal die politische Entscheidung fallen sollte, eine solche zu bauen. Aber gefallen ist diese Entscheidung offenbar nie.

Dennoch auch Misstrauen und Unzufriedenheit

Es muss auch festgehalten werden, dass die IAEA die iranischen Erklärungen, die die iranischen Studien zu Detonatoren und Zündern anderen zivilen und militärischen Zwecken zuschreiben, nicht völlig zurückweist. Andererseits sind aus dem Bericht auch Misstrauen und Unzufriedenheit mit dem Iran herauszuhören. Die IAEA fällt zu gewissen Fragen kein endgültiges Urteil. Ohne eindeutige Antwort ist auch jene nach der Natur der Militäranlage in Parchin geblieben: Die vom Iran über lange Zeit durchgeführten Sanierungsarbeiten haben das – wie erwartet – verhindert.

Das erlaubt den Gegnern des JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action, so heißt der Atomdeal) darauf zu bestehen, dass die Investigation nicht abgeschlossen sei. Die "Roadmap", die zwischen IAEA und Iran gleichzeitig mit dem JCPOA Mitte Juli vereinbart wurde, hat jedoch eine sehr strukturierte Herangehensweise, wohl auch mit der – politischen – Absicht, das Ausufern des Prozesses und damit die Umsetzung des JCPOA zu verhindern. Zu den auf dem Tisch liegenden Fragen können nicht einfach neue hinzugefügt werden. ( Gudrun Harrer, 4.12.2015)