Mit dem am Donnerstag angekündigten Schritt, das Anleihenprogramm zu verlängern, hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Euro kurzfristig beflügelt. Die Gemeinschaftswährung zog um mehrere US-Cent an und notierte in der Spitze bei 1,09 Dollar. Längerfristig gesehen ist die Aufwertung aber vernachlässigbar. So bekam man im September des Vorjahres für einen Euro noch 1,30, im Mai sogar 1,39 Dollar. Für die EZB dennoch enttäuschend, so Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer: "Die Angst der Notenbank war ja, dass der Euro stärker wird, alles andere waren eher Nebengeräusche."

Während die Euronotenbank mit ihrer Geldpolitik wieder einmal Diskussionen über Risiken der Finanzstabilität auslöst, bleiben die Auswirkungen auf die Realwirtschaft in den Augen von Bruckbauer vernachlässigbar. Auch Wifo-Experte Marcus Scheiblecker pflichtet ihm diesbezüglich bei. Was die nicht versiegende Hoffnung der EZB betrifft, die Kreditvergabe im Euroraum zu beflügeln, hält Scheiblecker sie für unrealistisch: "In Europa wird sich nicht viel tun, weil die Zinsen ja jetzt schon sehr niedrig sind."

Bank-Austria-Ökonom Bruckbauer hält die Niedrigzinsen für Unternehmen sogar für kontraproduktiv: " Dem Staat bringt das etwas, weil er sich zunehmend günstig refinanziert. Für Unternehmen sind die niedrigen Zinsen kein Vorteil. Sie werden im Gegenteil als negativ gesehen, weil sie eher als Unsicherheitsfaktor interpretiert werden." Tatsächlich ernst werden könnte es hingegen laut Scheibleckers Einschätzung, wenn die amerikanische Notenbank Fed in zwei Wochen den US-Leitzins anhebt, um ihre Geldpolitik kontinuierlich zu normalisieren.

Fokus auf die US-Notenbank

"Wenn die Wechselkurse reagieren, dann wenn die USA tatsächlich ihre lang angekündigte Sache, ihre Geldpolitik zu straffen, wahrmachen." Dann könnte es auch für heimische Exporteure interessant werden. Dass es so kommen wird, ist für Wifo-Mann Scheiblecker allerdings keineswegs eine ausgemachte Sache. "Einerseits könnte die Fed sich nach mehreren Ankündigungen verpflichtet fühlen, andererseits ist der Einkaufsmanager zurückgegangen, was auf ein Schrumpfen der Wirtschaft hindeutet." Bruckbauer geht hingegen durchaus davon aus, dass die US-Notenbank im Dezember mit Zinserhöhungen starten und diese zudem zügig fortsetzen wird.

Er hielt es sogar für ziemlich gefährlich, wenn die Fed wackeln würde: "Dann könnte der Euro sich tatsächlich stark verteuern, und das wäre für die europäische und damit auch für Österreichs Wirtschaft schädlich."

Gerade für die exportorientierte heimische Wirtschaft, die derzeit zarte Zeichen der Erholung zeigt, wäre ein starker Euro wenig hilfreich, weil er die Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten verringert. Produkte aus dem Euroraum, etwa Erzeugnisse heimischer Maschinenbauer, würden teurer. Firmen müssten noch effizienter werden, weiterer Jobabbau wäre nicht ausgeschlossen. (Regina Bruckner, 3.12.2015)