Wien – Die von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz angedachte neue ORF-Struktur dürfte doch erst später kommen als 2017. "Die Führungsstrukturen werden sich sicher ändern, aber in der komplett neuen Form wird es sie erst ab 2020 geben, wenn wir die neuen Räumlichkeiten bezogen haben", sagte der ORF-Chef im Interview mit der Tageszeitung "Kurier". In punkto zentralem Infochef rudert Wrabetz ein Stück zurück.

Der ORF-Chef hatte im Frühjahr im Zuge der Planungen für einen trimedialen Newsroom im ORF-Zentrum am Küniglberg, der bis 2020 entstehen soll, eine neue Grundstruktur des öffentlich-rechtlichen Senders ab der nächsten Geschäftsführungsperiode 2017 in Aussicht gestellt. Einer der wesentlichen Punkte dabei: ein integrierter Informationsbereich für Fernsehen, Radio und Online mit einem Informationsdirektor an der Spitze. Für die ORF-Kanäle stellte Wrabetz sogenannte Channel Manager und Chefredakteure in den Raum.

Zu viel Macht in einer Hand befürchtet

Von einzelnen Stiftungsräten und ORF-Journalisten gab und gibt es gegen eine solche Struktur massive Vorbehalte. Sie befürchten durch eine mögliche Zentralisierung der Informationen mit nur einem Verantwortlichen für alle ORF-Medien verstärkte politische Einflussnahme in die Berichterstattung. Erste Stiftungsräte kündigten denn auch erst vor kurzem an, bei der ORF-Wahl im kommenden Sommer keinen Generaldirektor bestellen zu wollen, der einen zentralen Infodirektor im Bewerbungskonzept hat.

Wrabetz: "Stehe für Vielfalt"

"Einen zentralen Informationsdirektor, der vom Ö1-'Frühjournal' bis zu 'Zib 24' alles entscheidet, den hat es bei mir nie gegeben und würde es bei mir nie geben", sagte Wrabetz, der seine Bewerbung um eine dritte Amtszeit bisher offen gelassen hat, nun dem "Kurier". Einen zentralen Info-Steuermann wie mit Werner Mück unter Schwarz-Blau lehne er jedenfalls ab. "Seit neun Jahren stehe ich genau dafür, dass das nicht stattfindet. Ich stehe für Vielfalt. Es muss gewährleistet sein, dass Radiojournale ihre Qualität behalten können, dass eine 'ZiB 2' weiterhin in dieser Form gemacht werden kann – auch das ist Pluralismus, auf Sendungsebene, und dieser ist mindestens so wichtig wie politische Unabhängigkeit", so Wrabetz.

Im STANDARD-Interview im August sagte der ORF-Chef noch auf die Frage, was eigentlich aus der neuen ORF-Struktur mit einem Infodirektor und einem Head of Creative über alle ORF-Medien wurde? "Die kommt erst in der nächsten Geschäftsführungsperiode."

Robert Newald

Kein Einheitsbrei

Der ORF werde die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Medien verbessern müssen, aber keinen Einheitsbrei machen. "Es geht dabei auch nicht nur um die Politik. Ich möchte auch nicht nur einen zentralen Kulturchef haben. Wenn dann eine Kunstrichtung von einem Kulturchef nicht als so relevant erachtet wird, hätte sie in den verschiedenen ORF-Medien eine geringere Chance. Auch hier kommt es auf die Diversität der Zugänge an", erklärte der ORF-Chef im "Kurier". Ob er im Falle einer Wiederkandidatur auf das gleiche Direktorenteam setzen werde, sagt er: "Da ich jetzt keine Aussage über eine Verlängerung treffe, treffe ich auch keine über ein zukünftiges Team. Nur soviel: Das jetzige, erfahrene Team mit Kathrin Zechner, Michael Götzhaber und Richard Grasl hat aus meiner Sicht sehr gute Arbeit geleistet." Die Funktion des Radiodirektors würde nach den bisher von Wrabetz angedachten Änderungen entfallen. Radiodirektor Karl Amon (65) dürfte in den Ruhestand treten. (APA, red, 4.12.2015)