Täuschung: Die Schalen von Maja Vukojes "Mango" (2015) scheinen sich um die Verstrebungen des Keilrahmens zu schlängeln.


Foto: Galerie Martin Janda / Roland Krauss

Es hat nicht primär ökologische Gründe, dass Maja Vukoje derzeit Jute statt Leinwand verwendet. Allerdings spielt der sorgsame Umgang mit den Ressourcen durchaus in ihre Arbeit hinein: Ausgehend von Fragestellungen des Postkolonialismus befasst sich die Künstlerin (geb. 1969), die kürzlich den "outstanding artist award" des Bundeskanzleramts erhielt, seit langem mit der eurozentrischen Sicht auf afro-, aber auch lateinamerikanische Kulturen sowie mit den Effekten, die das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen hat.

Ein wichtiger Ort für die Findung ihrer Motive war der karibische Raum, in dem durch wechselnde Kolonialmächte eine spannende "Mixtur" aus europäischen, lateinamerikanischen und afrikanischen Kulturen entstand. Vor allem im karibischen Karneval erfuhr dieser Mix noch eine Verdichtung, weswegen Vukoje wiederholt auf diesen referiert hat: Neben afrikanischen Masken tragen die Personen auf ihren Bildern oft glamouröse Kostüme; genauso wichtig sind aber spirituell angehauchte Motive, die sie in Darstellungen von Ritualen, Tänzen oder geisterhaften Erscheinungen integriert.

Ihre jüngsten Arbeiten, die aktuell in der Wiener Galerie Martin Janda zu sehen sind, unterscheiden sich von jenen früheren Werkgruppen vor allem dadurch, dass man nun keine dieser Figuren mehr sieht: Stattdessen "zoomt" Vukoje einzelne ihrer durchaus typischen Motive (u. a. chinesische und afrikanische Masken, camouflageartige Teppich- und Tierfellmuster) näher heran, baut daraus weitgehend abstrakte "Porträts".

Als Inspirationsquelle dieser doch wieder überraschend neuen Darstellungsweise diente der Künstlerin ein Bild von Paul Klee aus der Sammlung des Mumok: Vogelscheuche (1935) zeigt eine braune, den gesamten Bildraum dominierende Fläche. Klee reagierte damit zum einen auf damals brennende Gestaltungsfragen; zum anderen kommentierte er mit der alles andere verdrängenden braunen Masse den Aufstieg der Nationalsozialisten.

Politische Referenzen

Obwohl auch Maja Vukoje ihr Porträts stark abstrahiert, sind bei ihr die politischen Referenzen ebenfalls unübersehbar: Schließlich bildet ein Totenkopf das Haupt ihrer Omixe (2015), während das unter den Kolonialmächten aufgeteilte Westafrika ein Teil des Rumpfes ist. Neben diesen historischen Bezügen greift sie in anderen Bildern der "Porträt"-Serie auch gegenwärtigere Entwicklungen auf: So hält auf Memo Lisa (2015) ein Roboterarm die einzelnen (Körper-)Teile zusammen, und auf einem weiteren Bild taucht der ebenso legendäre wie kontroverse Geist des afroamerikanischen Musikers Sun RA (2015) auf.

Als Bildträger verwendet Vukoje auch hier das rohe, grobgewebte Material Jute – ungrundiert. Als solches ist es im doppelten Sinn Aufhänger zweier Werkgruppen: In einer dienen ihr Zucker- und Kaffeesäcke sowohl als Grundlage gestalterischer Experimente als auch als Reflexionsbasis für die Geschichte dieser Rohstoffe. In der zweiten Serie sollen exotische Früchte mit den Südseeträumen auch die Malerei desillusionieren. Formal bemalt und besprayt sie dabei den Stoff oder quetscht die Farbe von der Rückseite her durchs durchlässige Textil.

Beim Betrachten zieht Vukojes virtuoser Umgang mit verschiedensten malerischen Verfahren die Aufmerksamkeit auf sich. Irgendwann versucht man, das Bild doch als Ganzes zu fassen: So erkennt man, dass sie den Keilrahmen in ihre Komposition miteinbezogen hat. Sie hat also nicht nur die Mango geschält, sondern an den richtigen Stellen auch die Grundierung weggelassen. Das ermöglicht den Blick durch das Gewebe hinter das Bild und legt die Konstruiertheit malerischer Illusionen frei. (Christa Benzer, Album, 4.12.2015)